Die dunkle Geschichte der Konversionstherapie – Von barbarischen Wurzeln bis zur heutigen Grausamkeit

LGBTQ+ Menschen wurden über Jahrhunderte hinweg Praktiken ausgesetzt, die wir heute als "Konversionstherapie" bezeichnen – mit erschreckenden und verstörenden Methoden. Wie PinkNews kürzlich berichtete, hat der Oberste Gerichtshof der USA zugestimmt, eine Klage gegen das Verbot von Konversionstherapien im Bundesstaat Colorado anzuhören. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf eine Praxis, die in Deutschland seit 2020 verboten ist, aber weltweit noch immer praktiziert wird.

Die Medikalisierung von Homosexualität im 19. Jahrhundert

Die Geschichte der Konversionstherapie hat tiefe Wurzeln in Deutschland. 1869 behauptete der deutsche Psychiater Carl Friedrich Otto Westphal, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher Anziehung an einer psychischen Störung litten. Diese Theorie verbreitete sich schnell in der europäischen Psychiatrie und legte den Grundstein für mehr als 150 Jahre grausamer "Behandlungen", die darauf abzielten, Menschen von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität zu "heilen".

Wie in der internationalen Geschichte vermerkt, begannen Psychiater kurz nach Westphals Veröffentlichung, Methoden zu entwickeln, von denen sie glaubten, sie könnten Männer und Frauen von ihrer "gestörten" sexuellen Anziehung "heilen". Diese Entwicklung zeigt, wie Deutschland unfreiwillig eine zentrale Rolle in der Pathologisierung von Homosexualität gespielt hat – ein dunkles Kapitel in der deutschen Medizingeschichte, das oft übersehen wird.

Barbarische Methoden der "Heilung"

Die Historikerin Dr. Chiara Beccalossi von der Universität Lincoln erklärt, dass unmittelbar nach der Klassifizierung von Homosexualität als psychische Störung Psychiater mit "Heilungsversuchen" begannen. Die frühen und invasivsten Therapien wurden vor allem an Frauen durchgeführt, darunter die Entfernung der Eierstöcke (Oophorektomie) und die Kauterisation der Klitoris – im Wesentlichen eine Verbrennung des Organs.

In Deutschland wurden diese Praktiken hauptsächlich an sozial schwachen Menschen in Anstalten durchgeführt. Während in Ländern wie Italien und Frankreich männliche Homosexualität Ende des 19. Jahrhunderts nicht gesetzlich bestraft wurde, war sie in Deutschland strafbar, was bedeutete, dass Männer oft sowohl im Gefängnis als auch in psychiatrischen Einrichtungen landeten.

In den 1920er Jahren kamen neue "Behandlungsmethoden" hinzu. Endokrinologen begannen, tierische Hormone zu verwenden, die aus Hoden oder Eierstöcken von Tieren extrahiert und Menschen injiziert wurden. In einigen Ländern, besonders in Russland, wurden sogar Hodentransplantationen durchgeführt.

Die deutsche Verbindung zu Alan Turing

In den 1940er Jahren wurden synthetische Hormone entwickelt, und die Hormontherapien wurden "ausgefeilter". Ein bekanntes Opfer dieser Methoden war der britische Mathematiker Alan Turing, der schließlich chemisch kastriert wurde. Was weniger bekannt ist: Die Grundlagen dieser Hormonbehandlungen wurden teilweise in deutschen Forschungseinrichtungen entwickelt.

Zur gleichen Zeit experimentierten Wissenschaftler mit Lobotomien an queeren Menschen – ein Eingriff, der zu dauerhaften Schäden am präfrontalen Kortex des Gehirns führte und in Deutschland wie in anderen Ländern durchgeführt wurde.

Aversionstherapie – die deutsche Erfahrung

Die Entwicklung der Aversionstherapie markierte einen Wendepunkt in den Bemühungen, das Verhalten queerer Menschen zu ändern. Bei dieser "Verhaltenstherapie" wurden Taktiken wie Elektroschocks eingesetzt, um Menschen von ihren Impulsen abzuhalten. Die Idee war, dass queere Menschen Bilder nackter Männer mit Elektroschocks assoziieren würden, was ihre Erregung unterdrücken sollte.

Dr. Kate Davison, Dozentin für Queer History an der Goldsmiths University of London, weist darauf hin, dass Aversionstherapie und das, was wir heute als Konversionstherapie bezeichnen, nicht genau dasselbe sind. Konversionstherapie ist ein Oberbegriff für jede Art von Praxis, die darauf abzielt, die sexuelle oder geschlechtliche Identität einer Person mit der gesellschaftlichen Norm in Einklang zu bringen – von Exorzismen bis hin zu Gesprächstherapien.

In Deutschland wurden solche Praktiken bis in die 1970er Jahre durchgeführt. Ähnlich wie in Großbritannien wurden Männern elektrische Schocks an den Genitalien verabreicht, während sie homosexuelle pornografische Bilder betrachteten. Einige wurden tagelang in Räumen ohne Toilette eingesperrt, umgeben von ihren eigenen Exkrementen. Die Idee war, körperliches Unwohlsein zu verursachen und dieses mit homosexuellem Verlangen zu assoziieren.

Religiöse Konversionstherapie in Deutschland

Konversionspraktiken wurden nicht nur von Psychiatern durchgeführt. In Deutschland wie auch international haben religiöse Organisationen jahrelang Dienste angeboten, die behaupteten, Menschen durch ihre gleichgeschlechtliche Anziehung oder ihre Geschlechtsexploration zu "beraten". Diese diskreditierten Interventionen werden weltweit bis heute von religiösen Organisationen angeboten.

Jayne Ozanne, eine Überlebende religiöser Konversionstherapie, erklärt, dass solche Praktiken "seit Jahren" stattfinden und "genauso alt wie die medizinischen" sind. "Es kommt alles aus dem Glauben, dass die einzig akzeptable Art zu leben und zu sein, heteronormativ und cisgender Stereotypen von männlich und weiblich entsprechen muss", sagt sie.

In Deutschland sind es heute hauptsächlich religiöse Gemeinschaften, die trotz des gesetzlichen Verbots weiterhin Konversionstherapien anbieten. Laut dem LSVD (Lesben- und Schwulenverband Deutschland) finden diese Praktiken besonders in religiös-fundamentalistischen Kreisen statt, oft hinter verschlossenen Türen.

Das deutsche Verbot von 2020

Deutschland hat 2020 einen bedeutenden Schritt getan und als eines der ersten Länder in Europa ein umfassendes Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen erlassen. Das Gesetz verbietet Konversionsbehandlungen an Minderjährigen generell sowie an Erwachsenen, deren Einwilligung auf Zwang, Drohung, Täuschung oder Irrtum beruht.

Verstöße gegen das Verbot können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Werbung, Angebot und Vermittlung solcher Behandlungen können mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro bestraft werden. Das Verbot gilt für alle Personen, einschließlich Eltern oder Erziehungsberechtigte.

Trotz dieses fortschrittlichen Gesetzes gibt es Forderungen nach einer Nachschärfung und effektiven Präventionsmaßnahmen, da solche Praktiken weiterhin im Verborgenen stattfinden. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet kostenfreie, mehrsprachige und anonyme Beratungen für Betroffene, Angehörige und Fachkräfte an.

Die Auswirkungen heute

Forschungen zeigen, dass Überlebende solcher Praktiken später unter Suizidgedanken, Essstörungen und anderen psychischen Problemen leiden. In Deutschland wie international ist es daher wichtig, ein klares Signal zu senden, dass Konversionstherapie "inakzeptabel, gefährlich und schädlich" ist.

Dr. Kate Davison glaubt, dass mehr notwendig ist als nur ein Verbot auf dem Papier: "Ein Gesetz zum Verbot dieser Praktiken ist ein wichtiger Schritt und sendet eine wichtige Botschaft, dass die Gemeinschaft als Ganzes diese Praktiken verabscheut, aber ich bin etwas skeptisch, ob das tatsächlich in der Praxis wirksam sein wird."

Sie fordert eine breitere gesellschaftliche Antwort, die nicht nur ein rechtliches Verbot umfasst, sondern auch die Feier sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. "Ich denke, das ist wirklich das Einzige, was uns helfen wird, diese Dinge auszumerzen."

Während der Supreme Court in den USA sich mit der Frage der Konversionstherapie befasst, kann Deutschland auf sein Verbot stolz sein – muss aber wachsam bleiben, um sicherzustellen, dass diese schädlichen Praktiken wirklich der Vergangenheit angehören.

Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, von Konversionstherapie betroffen sind, können Sie sich an folgende Stellen wenden:

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