Deutschland an vorderster Front: 22 Botschaften vereint gegen Ungarns CSD-Verbot

In einer bemerkenswerten Demonstration internationaler Solidarität haben die diplomatischen Vertretungen von 22 Ländern, darunter Deutschland, eine gemeinsame Erklärung gegen das jüngst in Ungarn verabschiedete CSD-Verbot unterzeichnet. Wie queer.de berichtet, zählen zu den Unterzeichnern neben Deutschland auch Frankreich und Großbritannien – nicht jedoch die USA. Die Erklärung richtet sich gegen ein von der ungarischen Regierungspartei Fidesz initiiertes Gesetz, das die Durchführung von Pride-Paraden faktisch unmöglich macht.

Diskriminierung unter dem Deckmantel des Kinderschutzes

Das neue ungarische Gesetz verbietet Versammlungen, die gegen das sogenannte "Kinderschutzgesetz" von 2021 verstoßen. Dieses untersagt "das Bewerben und Darstellen" von Homosexualität und Geschlechtsänderung vor Minderjährigen. Organisator*innen und Teilnehmer*innen von Pride-Veranstaltungen können nun mit Geldstrafen von bis zu 500 Euro belegt werden. Die Gesetzgebung reiht sich ein in eine Serie von LGBTQ-feindlichen Maßnahmen der Orbán-Regierung, zu denen auch ein generelles Adoptionsverbot für homosexuelle Paare zählt.

Während die ungarische Regierung ihre Politik mit dem "Schutz von Kindern" rechtfertigt, sehen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International darin einen "Frontalangriff auf die LGBTQIA+ Community und eine eklatante Verletzung der Verpflichtungen Ungarns, Diskriminierung zu verbieten sowie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu garantieren".

Internationale Reaktionen und die deutsche Position

"Wir, die unterzeichnenden Botschaften, sind zutiefst besorgt über die Gesetzgebung (…), die zu Einschränkungen des Rechts auf friedliche Versammlung und des Rechts auf freie Meinungsäußerung führt", heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Die Botschaften berufen sich dabei auf die Europäische Menschenrechtskonvention und betonen ihre Verpflichtung "der Achtung, dem Schutz und der Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten aller Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrer Gender-Identität und ihren Geschlechtsmerkmalen".

Deutschland steht seit Jahren an vorderster Front im Kampf gegen die LGBTQ-feindliche Politik Ungarns. Bereits 2021 hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das ungarische "Kinderschutzgesetz" als "Schande" bezeichnet und ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Auch in deutschen Städten wie Düsseldorf und Berlin fanden Solidaritätskundgebungen statt, die sich gegen die Einschränkung der Rechte von LGBTQ-Personen in Ungarn richteten.

Ungarns Trotzreaktion

Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó reagierte mit scharfer Kritik auf die internationale Erklärung. "Wir sind ein souveräner Staat. Wir haben es nie akzeptiert und werden auch in Zukunft nicht akzeptieren, dass jemand versucht, uns von außen vorzuschreiben, wie wir hier zu leben haben", erklärte er. Die Regierung unter Viktor Orbán stellt die Gleichstellung von LGBTIQ+ Menschen konsequent als "westliche Dekadenz" dar, vor der die ungarische Bevölkerung geschützt werden müsse.

Diese Rhetorik ist Teil einer breiteren politischen Strategie, die Werte-basierte Kritik aus der EU als Einmischung in die nationale Souveränität abzuwehren – eine Taktik, die auch in anderen mittelosteuropäischen Ländern mit autoritären Tendenzen zu beobachten ist.

Widerstand formiert sich

Trotz des Verbots zeigt sich die ungarische LGBTQ-Community entschlossen. Das CSD-Verbot hat in Budapest massive Proteste ausgelöst, bei denen Tausende Demonstrant*innen Brücken besetzten und gegen die Einschränkung des Versammlungsrechts protestierten. Die Organisator*innen der Budapester Pride-Parade sowie der Bürgermeister der Stadt haben angekündigt, dass die Veranstaltung im Sommer trotz des Verbots stattfinden soll.

Auch in Deutschland wächst der Widerstand gegen die Politik Orbáns. Aktivist*innen fordern von der EU härtere Konsequenzen, wie das Einfrieren finanzieller Mittel oder sogar den Entzug des Stimmrechts Ungarns. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International Deutschland rufen zu verstärkter Solidarität mit der ungarischen LGBTQ-Community auf.

Fazit: Ein Kampf um europäische Grundwerte

Der Konflikt um das CSD-Verbot in Ungarn ist mehr als ein Streit um eine einzelne Demonstration – es ist ein grundsätzlicher Kampf um europäische Werte und die Frage, wie verbindlich Menschenrechtsstandards innerhalb der EU sind. Die gemeinsame Erklärung der 22 Botschaften, angeführt von Deutschland, sendet ein wichtiges Signal: Die systematische Diskriminierung von LGBTQ-Personen wird nicht stillschweigend hingenommen.

Für die deutsche LGBTQ-Community bedeutet dies auch, wachsam zu bleiben. Die Entwicklungen in Ungarn zeigen, wie schnell hart erkämpfte Rechte wieder in Frage gestellt werden können. Die internationale Solidarität, die sich jetzt formiert, ist daher nicht nur für Ungarn, sondern für den Schutz der LGBTQ-Rechte in ganz Europa von entscheidender Bedeutung.

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