Dänemark erwägt rechtliche Geschlechtsänderung für minderjährige Transgender-Personen – Wie steht Deutschland im europäischen Vergleich da?

Die dänische Regierung plant, die rechtliche Geschlechtsänderung für transgender Minderjährige zu ermöglichen, wie The Local berichtet. Dieser fortschrittliche Schritt könnte jungen Menschen erlauben, ihre Personalnummer (CPR) ändern zu lassen, die in Dänemark das Geschlecht kennzeichnet. Doch wie steht Deutschland im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn bei den Rechten junger transgender Personen da?

Dänemark als Vorreiter in LGBTQ+-Rechten

Die dänische Gleichstellungsministerin Eva Kjer Hansen erklärte, dass eine rechtliche Geschlechtsänderung für Erwachsene bereits vor einigen Jahren eingeführt wurde und sich als "unkompliziert" erwiesen hat. "Es funktioniert wie beabsichtigt. Daher denken wir, es ist an der Zeit zu prüfen, ob diese Option auch für Minderjährige bestehen sollte", so Hansen.

Vor allem der dänische Verein für transgender Kinder (Foreningen for Støtte til Transkønnede Børn, FSTB) setzt sich für diese Änderung ein. Junge transgender Personen erleben häufig peinliche oder erniedrigende Situationen, wenn ihre Personalnummer, die bei vielen privaten und öffentlichen Dienstleistungen in Dänemark verwendet wird, nicht mit ihrem Erscheinungsbild übereinstimmt.

Deutschland: Vom TSG zum Selbstbestimmungsgesetz

In Deutschland hat sich die rechtliche Situation kürzlich grundlegend geändert. Das veraltete Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 wurde am 1. November 2024 durch das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) abgelöst. Dies stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, da transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen nun deutlich einfacher ändern lassen können.

Für Minderjährige gelten differenzierte Regelungen: Kinder bis 14 Jahre können mit Unterstützung ihrer Sorgeberechtigten eine Änderung vornehmen lassen, wobei das Kind ab fünf Jahren zustimmen muss. Jugendliche ab 14 Jahren können die Erklärung selbst abgeben, benötigen jedoch grundsätzlich die Zustimmung ihrer Sorgeberechtigten. Verweigern diese ihre Zustimmung, kann ein Familiengericht diese ersetzen, wenn die Änderung dem Kindeswohl dient.

Spanien: Vorreiter für Selbstbestimmung

Spanien hat im Februar 2023 ein besonders fortschrittliches Gesetz verabschiedet, das als eines der liberalsten in Europa gilt. Personen ab 16 Jahren können ihr Geschlecht durch einfache Selbstbestimmung ändern lassen, ohne medizinische Gutachten oder Hormonbehandlungen nachweisen zu müssen. "Dies ist ein Meilenstein für die Rechte von transgender Personen", erklärt María Rodríguez von der Federación Estatal LGTB+.

Für Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren ist die Zustimmung der Eltern erforderlich. Kinder unter 14 Jahren benötigen eine gerichtliche Genehmigung. Laut dem Deutschen Bundestag ist Spanien nach Malta das Land mit dem besten Zugang zu medizinischer Versorgung für Transsexuelle in Europa.

Frankreich: Fortschritte mit Einschränkungen

Frankreich hat ebenfalls Fortschritte gemacht. Ein neueres Gesetz erlaubt es sowohl erwachsenen als auch minderjährigen transgender Personen, ihren Geschlechtseintrag ohne den früheren Zwang zur Sterilisation zu ändern. Allerdings ruft die französische Académie de Médecine zu "großer medizinischer Vorsicht" bei der Behandlung junger Patienten auf.

Minderjährige können in Frankreich geschlechtsangleichende Behandlungen wie Pubertätsblocker oder Hormonersatztherapien in Anspruch nehmen, benötigen jedoch meist ein psychologisches Gutachten, dessen Erstellung mehrere Jahre dauern kann. Dies stellt in der Praxis eine erhebliche Hürde dar.

Alltägliche Auswirkungen rechtlicher Barrieren

Die dänische Ministerin Hansen betont die praktischen Konsequenzen im Alltag: "Wir benutzen unsere CPR-Nummer sehr oft, wenn wir zum Arzt, zum Zahnarzt, in die Bibliothek und in andere Situationen gehen. Vielleicht können wir durch mehr Flexibilität Menschen helfen, diese peinlichen Situationen zu vermeiden."

Diese Problematik kennen transgender Jugendliche in ganz Europa. In Deutschland führte die Diskrepanz zwischen Identität und amtlichem Geschlecht bislang zu belastenden Situationen – beim Schulbesuch, im Sportverein oder bei der Ausweiskontrolle. Das neue Selbstbestimmungsgesetz soll hier Abhilfe schaffen.

Perspektiven und Herausforderungen

Trotz der positiven Entwicklungen gibt es in Europa auch gegenläufige Tendenzen. In mehreren Ländern werden Einschränkungen bei der Anwendung von Pubertätsblockern bei Minderjährigen diskutiert. Die Organisation Transgender Europe warnt vor dieser Entwicklung: "Der Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung ist ein Menschenrecht und sollte nicht politisiert werden."

Der dänische Vorstoß könnte einen weiteren positiven Impuls für die Rechte junger transgender Personen in Europa geben. Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz hat Deutschland einen wichtigen Schritt nach vorn gemacht, während Spanien derzeit den fortschrittlichsten rechtlichen Rahmen bietet.

Für die LGBTQ+-Community bleibt zu hoffen, dass die verschiedenen europäischen Ansätze zu einem breiteren Verständnis und einer verbesserten Situation für transgender Personen jeden Alters führen werden. Wie Aktivist*innen betonen: Es geht nicht nur um rechtliche Änderungen, sondern um die Anerkennung der Identität und Würde jedes Menschen.

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