Colorado verabschiedet umfassende Schutzgesetze für Trans-Personen und Abtreibungsrechte: Ein Vorbild für Deutschland?

Colorado etabliert sich weiterhin als Leuchtturm der Hoffnung in einer ansonsten schwierigen Zeit für die LGBTQ+-Community in den USA. Der westliche Bundesstaat hat diese Woche mehrere Gesetze verabschiedet, die sowohl die Rechte von Trans-Personen als auch den Zugang zu Abtreibungen umfassend schützen. Die ursprüngliche Nachricht wurde von PinkNews berichtet und zeigt eine bemerkenswerte Entwicklung, die auch für die deutsche LGBTQ+-Community von Bedeutung ist – gerade in Zeiten, in denen Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz eigene Fortschritte erzielt hat.

Neue Schutzgesetze in Colorado

Das Parlament von Colorado verabschiedete in mehreren Sitzungen diese Woche eine Reihe von Gesetzesentwürfen, die den Schutz von Trans-Personen und Abtreibungsrechten stärken. Das Repräsentantenhaus stimmte am Sonntag (6. April) für zwei Gesetze zum Schutz von Trans-Personen: Eines verankert geschlechtsangleichende Behandlungen gesetzlich, während das andere den Schutz von Trans-Personen im Bildungsbereich verstärkt.

Das Gesetz HB1309 oder "Protect Access to Gender-Affirming Health Care" (Schutz des Zugangs zu geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung) zielt darauf ab, den Zugang zu geschlechtsangleichender Versorgung in Colorado zu kodifizieren und vor Einschränkungen zu schützen. Es verbietet Versicherern, "medizinisch notwendige" geschlechtsangleichende Behandlungen zu verweigern oder stark einzuschränken. Dieser Gesetzentwurf wurde mit 39-21 Stimmen verabschiedet, wobei alle Republikaner und nur eine Demokratin, Amy Paschal, dagegen stimmten.

Das zweite Gesetz, HB1312, bekannt als "Kelly Loving Act" (benannt nach Kelly Loving, einer Trans-Frau, die 2022 beim Anschlag auf den Club Q getötet wurde), erweitert den Schutz für minderjährige Trans-Personen. Es verbietet den Gerichten in Colorado, Kinder von ihren gesetzlichen Eltern oder Erziehungsberechtigten zu trennen, wenn diese ihrem Kind den Zugang zu geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung ermöglichen.

Parallelen zum deutschen Selbstbestimmungsgesetz

Während Colorado diese Schutzmaßnahmen einführt, hat Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das am 1. November 2024 in Kraft trat, ebenfalls einen wichtigen Schritt für die Rechte von Trans-Personen gemacht. Das SBGG vereinfacht das Verfahren für Trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personenstandsregister zu ändern. Anders als beim früheren Transsexuellengesetz genügt nun eine einfache Erklärung beim Standesamt – medizinische Gutachten oder Gerichtsverfahren sind nicht mehr erforderlich.

Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen den Ansätzen: Während Colorado gezielt die medizinische Versorgung von Trans-Personen gesetzlich verankert und schützt, konzentriert sich das deutsche Selbstbestimmungsgesetz hauptsächlich auf die rechtliche Anerkennung. In Deutschland werden zwar die Kosten für Hormontherapien und geschlechtsangleichende Operationen in der Regel von den Krankenkassen übernommen, aber der Zugang zu diesen Leistungen ist oft langwierig und kompliziert – in vielen Fällen sind immer noch sechs Monate Psychotherapie (oder mindestens 12 Therapiesitzungen) vor einer Empfehlung für eine Hormontherapie vorgesehen.

Abtreibungsrechte in Colorado und Deutschland

Parallel zu den Trans-Rechten stärkte der Senat von Colorado durch zwei Gesetzentwürfe auch den Schutz des Zugangs zu Abtreibungen. Der Gesetzentwurf SB183 verankert das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung für alle Einwohner Colorados, während SB129 ein Schutzgesetz für Gesundheitsdienstleister erweitert, die Abtreibungs- oder Fehlgeburtsmedikamente verschreiben.

Colorado gehört zu den wenigen US-Bundesstaaten, in denen Abtreibung in allen Phasen der Schwangerschaft legal ist, ohne jegliche Fristbeschränkungen. Im Gegensatz dazu ist Abtreibung in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig (§ 218 StGB), bleibt aber unter bestimmten Bedingungen straffrei. Ein Abbruch ist nicht strafbar, wenn er innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen nach obligatorischer Beratung erfolgt. Zwischen der Beratung und dem Eingriff müssen mindestens drei Tage "Bedenkzeit" liegen.

Während in den USA nach der Aufhebung von Roe v. Wade durch den Obersten Gerichtshof der Zugang zu Abtreibungen in vielen Bundesstaaten stark eingeschränkt wurde, setzt Colorado ein starkes Zeichen für reproduktive Rechte. In Deutschland hingegen fordern Organisationen wie Pro Familia seit langem eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und eine Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch.

Bedeutung für die LGBTQ+-Community

"Mit der Dämonisierung von Transgender-Personen durch die Mainstream-Medien und die Bundesregierung bieten staatliche Gesetze zum Schutz geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung Transgender-Amerikanern eine Chance auf Überleben und Leben", erklärte die LGBTQ+-Forscherin Allison Chapman gegenüber Truthout.

Die Ko-Sponsorin des HB1309-Gesetzes, Brianna Titone, betonte, dass das Gesetz als Reaktion auf den "langen Schatten" von Anordnungen gegen geschlechtsangleichende Versorgung auf Bundesebene formuliert wurde. "Es geht darum, die Kontrolle darüber zu übernehmen, was wir tun können, um sicherzustellen, dass unsere Freunde, Nachbarn und Familienmitglieder weiterhin die Versorgung erhalten, die sie benötigen", sagte sie.

Ähnliche Diskussionen finden auch in Deutschland statt. Der Bundesverband Trans* kritisiert, dass eine menschenrechtsbasierte Gesundheitsversorgung in Deutschland noch nicht vollständig umgesetzt sei. Dies umfasst den Schutz vor Diskriminierung, gesicherten Zugang zu transitionsspezifischen Leistungen und die Gewährleistung einer nicht-pathologisierenden Kostenübernahme.

Fazit: Unterschiedliche Ansätze, gemeinsame Ziele

Während Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz rechtliche Hürden für Trans-Personen abgebaut hat, zeigt Colorado, wie ein umfassender Schutzansatz aussehen kann, der sowohl rechtliche als auch medizinische Aspekte berücksichtigt. Beide Regionen arbeiten daran, die Rechte und die Gesundheitsversorgung von LGBTQ+-Personen zu verbessern, wählen jedoch unterschiedliche Wege, um dieses Ziel zu erreichen.

Für die deutsche LGBTQ+-Community sind die Entwicklungen in Colorado ein interessantes Beispiel dafür, wie geschlechtsangleichende Gesundheitsversorgung und reproduktive Rechte umfassend geschützt werden können. Während Deutschland bereits wichtige Fortschritte erzielt hat, bleibt noch Raum für Verbesserungen, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu medizinischer Versorgung und die vollständige Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

Die Gouverneur von Colorado, Jared Polis, der 2018 als erster offen schwuler Mann zum Gouverneur eines US-Bundesstaates gewählt wurde, wird die Gesetze voraussichtlich unterzeichnen, sobald die endgültigen Abstimmungen abgeschlossen sind – ein weiterer Meilenstein für die LGBTQ+-Rechte in den USA und ein inspirierendes Beispiel für progressive Politik weltweit.

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