Britisches Höchstgericht: Trans Frauen rechtlich keine Frauen - Der Gegensatz zum neuen deutschen Selbstbestimmungsgesetz

Der Oberste Gerichtshof Großbritanniens hat entschieden, dass die rechtliche Definition einer Frau Trans-Frauen ausschließt – ein Urteil, das in direktem Kontrast zur fortschrittlichen Entwicklung in Deutschland steht, wo kürzlich das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet wurde. Die vollständige Originalberichterstattung findet sich auf PinkNews.

Das Urteil und seine Implikationen

Am 16. April 2024 verkündete der britische Supreme Court einstimmig, dass die Begriffe "Frau" und "Geschlecht" im britischen Gleichstellungsgesetz (Equality Act 2010) sich ausschließlich auf biologische Frauen und biologisches Geschlecht beziehen. Richter Lord Hodge betonte bei der Urteilsverkündung: "Die einstimmige Entscheidung dieses Gerichts ist, dass die Begriffe 'Frau' und 'Geschlecht' im Equality Act 2010 sich auf eine biologische Frau und biologisches Geschlecht beziehen."

Gleichzeitig versuchte das Gericht zu betonen, dass das Urteil nicht als "Triumph einer Gruppe auf Kosten einer anderen" verstanden werden sollte. Trans-Personen genießen weiterhin Schutz vor Diskriminierung aufgrund der gesetzlich geschützten Eigenschaft der "Geschlechtsangleichung" (gender reassignment).

Die Entscheidung wird weitreichende Auswirkungen für die Trans- und nicht-binäre Community in Großbritannien haben, insbesondere was den Zugang zu gleichgeschlechtlichen Räumen und Dienstleistungen betrifft. Der Fall wurde von der "gender-kritischen" Gruppe For Women Scotland (FWS) gegen die schottische Regierung eingebracht und stellt eine direkte Herausforderung eines früheren Urteils dar, das feststellte, dass Geschlecht nicht auf Biologie beschränkt ist.

Deutschland geht den entgegengesetzten Weg

Während Großbritannien mit diesem Urteil einen restriktiveren Weg einschlägt, hat Deutschland gerade einen historischen Schritt in die entgegengesetzte Richtung gemacht. Am 12. April 2024 – nur wenige Tage vor dem britischen Urteil – verabschiedete der Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz, das im November 2024 in Kraft treten wird.

Dieses progressive Gesetz erlaubt es Menschen ab 14 Jahren, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern – ohne die bisher erforderlichen medizinischen Gutachten oder gerichtlichen Verfahren. Es ersetzt das als diskriminierend geltende Transsexuellengesetz von 1980, das unter anderem psychologische Gutachten und gerichtliche Verfahren vorsah.

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, bezeichnete das neue Gesetz als "längst überfällig" und betonte: "Wir schützen die Selbstbestimmung aller Menschen und sorgen dafür, dass trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen endlich mit Würde und Respekt behandelt werden."

Zwei unterschiedliche Ansätze in Europa

Der Kontrast zwischen dem britischen Urteil und dem deutschen Selbstbestimmungsgesetz verdeutlicht die unterschiedlichen Ansätze innerhalb Europas zum Thema Transgender-Rechte. Während das Vereinigte Königreich eine biologische Definition des Geschlechts bekräftigt, setzt Deutschland auf die Selbstbestimmung der Geschlechtsidentität.

In Deutschland wurde die LGBTQ+-Community durch das neue Gesetz gestärkt. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) begrüßte das Gesetz als "wichtigen Meilenstein für die Gleichstellung". Queer.de bezeichnete das Gesetz als "historischen Schritt für die trans Community".

In Großbritannien hingegen befürchten Transgender-Aktivisten, dass das Urteil des Supreme Court zu einer Verschlechterung der Lage für Trans-Personen führen könnte. Organisationen wie Stonewall UK und Mermaids haben ihre Enttäuschung über die Entscheidung zum Ausdruck gebracht und sehen darin einen Rückschritt für die Rechte von Trans-Personen.

Bedeutung für die Community

Die Auswirkungen des britischen Urteils auf den Alltag von Trans-Personen werden sich erst mit der Zeit vollständig zeigen. Rechtlich bleiben Trans-Personen in Großbritannien weiterhin durch den Equality Act vor Diskriminierung geschützt, jedoch nun explizit aufgrund der "Geschlechtsangleichung" und nicht als Frauen bzw. Männer.

Im Gegensatz dazu werden Trans-Personen in Deutschland durch das Selbstbestimmungsgesetz in ihrer selbstgewählten Geschlechtsidentität rechtlich anerkannt. Dies betrifft nicht nur offizielle Dokumente, sondern auch den Zugang zu geschlechtsspezifischen Räumen und Dienstleistungen.

Julia Monro von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) erklärte gegenüber Deutschlandfunk Nova: "Das neue Gesetz ist ein wichtiger Schritt zur Entpathologisierung von trans Personen. Es erkennt an, dass die Geschlechtsidentität eine zutiefst persönliche Angelegenheit ist und nicht von außen bestimmt werden sollte."

Ausblick

Die unterschiedlichen Entwicklungen in Großbritannien und Deutschland spiegeln eine breitere europäische Debatte über Transgender-Rechte wider. Während einige Länder, wie Deutschland, Spanien und Belgien, die Selbstbestimmung in den Vordergrund stellen, verfolgen andere, wie Großbritannien und zunehmend auch Teile Osteuropas, einen restriktiveren Ansatz.

Für die deutsche LGBTQ+-Community ist das neue Selbstbestimmungsgesetz ein Grund zum Feiern, während sich Trans-Personen in Großbritannien mit einem rechtlichen Rückschlag auseinandersetzen müssen. Aktivisten auf beiden Seiten des Ärmelkanals werden die Auswirkungen dieser rechtlichen Entwicklungen genau beobachten und ihre Strategien entsprechend anpassen.

In Deutschland tritt das Selbstbestimmungsgesetz im November 2024 in Kraft, wobei noch einige Details zur Umsetzung geklärt werden müssen. In Großbritannien werden Trans-Organisationen nun Wege suchen, um sicherzustellen, dass die Rechte und der Schutz von Trans-Personen trotz des Urteils gewahrt bleiben.

Back to blog