Britische Gleichstellungsbehörde droht dem NHS mit Konsequenzen bei Nichtanpassung der Transgender-Richtlinien - Was das für Deutschland bedeutet

Die britische Gleichstellungsbehörde (Equality and Human Rights Commission, EHRC) hat angekündigt, den staatlichen Gesundheitsdienst NHS zu "verfolgen", wenn dieser seine Richtlinien zu geschlechtergetrennten Räumen nicht anpasst. Die Ankündigung folgt einem wegweisenden Urteil des Obersten Gerichtshofs, wie PinkNews berichtet. Die Entwicklung im Vereinigten Königreich wirft Fragen auf, wie Deutschland mit ähnlichen Themen umgeht, besonders im Kontext des neuen Selbstbestimmungsgesetzes.

Hintergrund: Das Urteil des britischen Supreme Court

Der britische Supreme Court hat kürzlich entschieden, dass die Definition einer "Frau" im Gleichstellungsgesetz von 2010 (Equality Act) auf dem biologischen Geschlecht basiert. Die Vorsitzende der EHRC, Baroness Kishwer Falkner, erklärte nun gegenüber der BBC, dass der NHS seine Richtlinien entsprechend anpassen müsse. "Wir sprechen seit außerordentlich langer Zeit mit dem Gesundheitsdienst. Wir werden sie jetzt fragen, wann sie ihre Empfehlungen aktualisieren werden", sagte Falkner. Die EHRC werde den NHS "verfolgen", falls er sich nicht an den aktualisierten Verhaltenskodex halte.

Derzeit ermöglicht der NHS transgender Personen eine Behandlung entsprechend ihrer selbst bestimmten Geschlechtsidentität. Die neuen Richtlinien könnten erhebliche Auswirkungen auf Bereiche wie Umkleidekabinen und andere geschlechtergetrennte Räume haben.

Die Situation in Deutschland: Selbstbestimmungsgesetz vs. britische Entwicklung

Während das Vereinigte Königreich einen restriktiveren Kurs einschlägt, hat Deutschland mit dem am 1. November 2024 in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) einen liberaleren Weg eingeschlagen. Das neue Gesetz ersetzt das als diskriminierend kritisierte Transsexuellengesetz von 1980 und ermöglicht es trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen.

"Deutschland und Großbritannien entwickeln sich in entgegengesetzte Richtungen", erklärt Dr. Anna Schmidt vom Deutschen Institut für Menschenrechte (fiktive Person). "Während Deutschland die Selbstbestimmung stärkt, sehen wir in Großbritannien eine Rückkehr zu einer biologisch determinierten Definition von Geschlecht."

Gleichstellungsgesetze im Vergleich

In Deutschland schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) explizit vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität im Arbeitsleben und bei Alltagsgeschäften. Der Begriff der sexuellen Identität ist zwar im AGG nicht definiert, schließt aber laut Gesetzesbegründung die Diskriminierung von trans* und intergeschlechtlichen Personen ein.

Während in Großbritannien nun die biologische Definition von Geschlecht gestärkt wird, betont das deutsche Grundgesetz die geschlechtliche Selbstbestimmung im Rahmen der Persönlichkeitsrechte. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen der letzten Jahrzehnte Teile des alten Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärt und damit den Weg für das neue Selbstbestimmungsgesetz geebnet.

Mögliche Auswirkungen auf das deutsche Gesundheitssystem

Experten sehen trotz der unterschiedlichen rechtlichen Entwicklungen keine unmittelbaren Auswirkungen auf das deutsche Gesundheitssystem. "Die Rechtsprechung in Großbritannien hat keine direkte Wirkung auf Deutschland", erläutert die Rechtsanwältin Maria Weber (fiktive Person), die sich auf LGBTQ+-Rechte spezialisiert hat. "Unser Selbstbestimmungsgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geben einen klaren Rahmen vor, der die Selbstbestimmung schützt."

Dennoch könnte die britische Entwicklung auch hierzulande konservative Stimmen stärken, die sich gegen das Selbstbestimmungsgesetz positioniert haben. "Wir beobachten eine zunehmende Polarisierung in der Debatte um Transgender-Rechte in ganz Europa", so Weber. "Es ist wichtig, dass wir in Deutschland am Kurs der Selbstbestimmung und des Diskriminierungsschutzes festhalten."

Gender Recognition Certificates bleiben gültig

Trotz des Urteils des britischen Supreme Court bleiben die britischen Gender Recognition Certificates (GRCs) gültig, die transgender Personen eine rechtliche Anerkennung ihres Geschlechts ermöglichen. Allerdings hat Baroness Falkner angedeutet, dass die rechtliche Wirksamkeit dieser Dokumente in Zukunft geprüft werden könnte.

In Deutschland ermöglicht das Selbstbestimmungsgesetz einen einfacheren Prozess als das britische System der GRCs. Zudem haben inter* und trans* Menschen in Deutschland seit 2018 die Möglichkeit, beim Eintrag ins Personenstandsregister außer "männlich" und "weiblich" auch "divers" oder "ohne" zu wählen - eine Option, die im britischen System nicht existiert, wo nur die Kategorien männlich und weiblich anerkannt werden.

Reaktionen aus der Community

"Die Entwicklung in Großbritannien ist besorgniserregend", kommentiert Thomas Müller vom Bundesverband Trans* (fiktive Person). "Es ist ein Rückschritt für die Rechte von trans* Personen und könnte eine gefährliche Signalwirkung für andere Länder haben. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz einen progressiven Weg eingeschlagen hat."

Die Diskussion zeigt, wie unterschiedlich europäische Länder mit Transgender-Rechten umgehen. Während das Vereinigte Königreich eine konservativere Richtung einschlägt, positioniert sich Deutschland mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz als Vorreiter für Selbstbestimmung und Antidiskriminierung.

Die Community und Menschenrechtsorganisationen werden die weiteren Entwicklungen in beiden Ländern genau beobachten und sich weiterhin für den Schutz der Rechte von LGBTQ+-Personen einsetzen.

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