Die Situation fĂŒr queere Menschen in Hamburg wird zunehmend bedrohlicher: Laut aktuellen Zahlen der Polizei sind die FĂ€lle von HasskriminalitĂ€t gegen LGBTI-Personen in der Hansestadt drastisch angestiegen. Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, erfasste die Polizei im Jahr 2024 insgesamt 1.043 Delikte von HasskriminalitĂ€t. 2023 lag diese Zahl noch bei 556 â was einem schockierenden Anstieg von 88 Prozent entspricht.
Die konkreten Zahlen fĂŒr Hamburg
Besonders besorgniserregend: Unter den erfassten Straftaten wurden 149 Opfer im Bereich "sexuelle Orientierung" und "geschlechtsbezogene DiversitÀt" gezÀhlt. Im Vorjahr waren es noch 98 Personen. Die Zahl der Gewaltdelikte stieg dabei auf 38 FÀlle an (2023: 20), darunter auch gefÀhrliche Körperverletzungen und Raub.
Zu den registrierten Straftaten zÀhlen laut Behörde Beleidigungen, Volksverhetzung, SachbeschÀdigungen, DiebstÀhle und Körperverletzungen. Experten gehen zudem von einer erheblichen Dunkelziffer aus, da viele Betroffene aus Angst oder mangelndem Vertrauen in die Behörden keine Anzeige erstatten.
Teil eines bundesweiten Trends
Die Entwicklung in Hamburg spiegelt einen besorgniserregenden bundesweiten Trend wider. Wie ein Lagebericht des Bundeskriminalamts (BKA) vom Dezember zeigt, wurden im Jahr 2023 insgesamt 17.007 FÀlle von HasskriminalitÀt in Deutschland erfasst. Mehr als jeder zehnte dieser FÀlle richtete sich gegen LGBTI-Personen.
Laut BKA wurden bundesweit 1.785 Straftaten gegen LGBTI-Personen registriert, was einem Anstieg von rund 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Straftaten werden dabei in zwei Kategorien unterteilt: "Sexuelle Orientierung" (1.499 Straftaten, darunter 288 Gewaltdelikte) und "Geschlechtsbezogene DiversitÀt" (854 Straftaten, darunter 117 Gewaltdelikte).
Ursachen fĂŒr den Anstieg
Fachleute sehen mehrere GrĂŒnde fĂŒr den dramatischen Anstieg queerfeindlicher Straftaten. "Mit der zunehmenden Sichtbarkeit der queeren Community nehmen leider auch die Anfeindungen zu", erklĂ€rt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) in einer Stellungnahme.
Eine weitere Ursache ist die gezielte Agitation durch rechtsextreme Gruppen. "Die extreme Rechte stilisiert LGBTQ+ zunehmend zum Feindbild und propagiert ein konservatives Familien- und Geschlechterbild", erlÀutert die Politikwissenschaftlerin Leonie Thies von der UniversitÀt Hamburg in einem Interview mit der taz.
PrĂ€ventionsmaĂnahmen und Hilfsangebote in Hamburg
Hamburg hat auf die steigenden Zahlen reagiert. Die Stadt hat ihre PrĂ€ventionsarbeit verstĂ€rkt und die Zusammenarbeit zwischen Polizei und queeren Organisationen intensiviert. Seit 2021 gibt es bei der Hamburger Polizei spezielle Ansprechpersonen fĂŒr LGBTI-Angelegenheiten, die Betroffenen von queerfeindlicher Gewalt zur Seite stehen.
"Es mĂŒssen mehr Bewusstsein, mehr SensibilitĂ€t und somit auch mehr UnterstĂŒtzung fĂŒr die Betroffenen geschaffen werden", fordert das Bundesministerium fĂŒr Familie, Senioren, Frauen und Jugend. "Das erhöht auch die Bereitschaft, sich an die Polizei zu wenden und Schutz zu suchen."
In Hamburg bieten Organisationen wie Magnus-Hirschfeld-Centrum und Switchboard Hamburg Beratung und UnterstĂŒtzung fĂŒr Betroffene an. Die Stadt hat zudem ein Netzwerk gegen Diskriminierung aufgebaut, das eng mit der Polizei zusammenarbeitet.
Was können Betroffene tun?
Betroffene von queerfeindlicher Gewalt oder Diskriminierung sollten VorfĂ€lle möglichst dokumentieren und zur Anzeige bringen. In Hamburg können sich Betroffene an die Ansprechstelle fĂŒr LGBTI bei der Polizei unter der Telefonnummer 040 4286-67071 wenden oder eine E-Mail an lgbti@polizei.hamburg.de senden.
Auch die Landesvertretung des LSVD in Hamburg bietet Beratung und UnterstĂŒtzung an. In akuten NotfĂ€llen sollte immer der Notruf 110 gewĂ€hlt werden.
Der drastische Anstieg queerfeindlicher Straftaten in Hamburg verdeutlicht, dass trotz aller gesellschaftlichen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte der Kampf fĂŒr die Gleichstellung und Sicherheit von LGBTI-Personen noch lange nicht abgeschlossen ist. Die Zahlen sind ein Weckruf fĂŒr Politik und Gesellschaft, entschlossener gegen Diskriminierung und Gewalt vorzugehen.