Queere VerbĂ€nde besorgt ĂŒber Dobrindts Sonderregister-PlĂ€ne

Wenige Monate nach dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes am 1. November 2024 sorgen neue PlĂ€ne des Bundesinnenministeriums fĂŒr Aufregung in der queeren Community. Das von Alexander Dobrindt geleitete Ministerium möchte ein umstrittenes System zur Erfassung von GeschlechtsĂ€nderungen einfĂŒhren, das queere VerbĂ€nde als "massiven Eingriff in die PrivatsphĂ€re" kritisieren.

Sonderregister statt Selbstbestimmung?

Der Referentenentwurf des Innenministeriums sieht vor, dass Menschen, die ihren Geschlechtseintrag und Vornamen Ă€ndern lassen, drei zusĂ€tzliche DatenblĂ€tter ĂŒber ihren frĂŒheren Geschlechtseintrag ausfĂŒllen mĂŒssen. Diese sensiblen Informationen sollen dann an weitere Behörden wie die Rentenversicherung und das Bundeszentralamt fĂŒr Steuern weitergegeben werden – ein Verfahren, das dem Geist des Selbstbestimmungsgesetzes zu widersprechen scheint.

Das Selbstbestimmungsgesetz sollte eigentlich das Leben trans- und intergeschlechtlicher Menschen vereinfachen, indem es die aufwendigen Gutachten und Gerichtsentscheidungen abschaffte, die frĂŒher fĂŒr eine GeschlechtsĂ€nderung nötig waren. Stattdessen reicht nun eine einfache ErklĂ€rung beim Standesamt aus.

Widerstand der queeren Community

Die Deutsche Gesellschaft fĂŒr Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit (dgti) zeigt sich alarmiert: "Wir sehen darin einen massiven Eingriff in die PrivatsphĂ€re und einen Widerspruch gegen das Selbstbestimmungsgesetz." Besonders brisant: In Zeiten steigender HasskriminalitĂ€t gegen LGBTQ+ Menschen könne eine solche Kennzeichnung gefĂ€hrlich werden.

Der LSVD+ Verband Queere Vielfalt argumentiert Ă€hnlich kritisch. Ein eigenes Datenblatt mit dem frĂŒheren Geschlechtseintrag hebe die Transgeschlechtlichkeit einer Person besonders hervor – genau das, was das Offenbarungsverbot des Selbstbestimmungsgesetzes eigentlich verhindern soll.

Praktische Bedenken der VerbÀnde

Neben den grundsĂ€tzlichen Bedenken zum Datenschutz kritisieren die VerbĂ€nde auch die praktische Notwendigkeit der geplanten Maßnahmen. "Es ist unklar, warum Behörden wie die Rentenversicherung gesondert ĂŒber eine PersonenstandsĂ€nderung informiert werden mĂŒssen", erklĂ€rt die dgti. Versicherte wĂŒrden Änderungen normalerweise selbst mitteilen, da sich bei einer GeschlechtsĂ€nderung auch die Sozialversicherungsnummer Ă€ndert.

Ministerium verteidigt umstrittene PlÀne

Das Innenministerium rechtfertigt die Verordnung mit administrativen Notwendigkeiten. Die Datenerfassung stelle sicher, dass Menschen nach einer GeschlechtsĂ€nderung in amtlichen Registern weiterhin identifiziert werden könnten und ihre IdentitĂ€t nachvollziehbar bleibe. Außerdem ermögliche sie es Behörden, das Offenbarungsverbot zu erkennen und durchzusetzen.

Diese Argumentation stĂ¶ĂŸt bei queeren VerbĂ€nden auf UnverstĂ€ndnis. Der LSVD+ bezeichnet es als "paradox, dass das Offenbarungsverbot gerade durch eine Ausweitung der Speicherung und Übermittlung der Informationen sichergestellt werden soll."

Ein RĂŒckschritt fĂŒr die Selbstbestimmung?

Die Kontroverse um Dobrindts PlĂ€ne zeigt die anhaltenden Spannungen um LGBTQ+ Rechte in Deutschland. WĂ€hrend das Selbstbestimmungsgesetz als wichtiger Fortschritt gefeiert wurde, drohen neue bĂŒrokratische HĂŒrden die gewonnene Selbstbestimmung wieder einzuschrĂ€nken.

FĂŒr viele in der queeren Community fĂŒhlt sich die geplante Verordnung wie ein RĂŒckfall in vergangene Zeiten an – als trans- und intergeschlechtliche Menschen noch in speziellen Registern erfasst und ĂŒberwacht wurden. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob der Widerstand der VerbĂ€nde ausreicht, um diese umstrittenen PlĂ€ne zu stoppen.

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