Kulturpolitischer Rückschritt? Wolfram Weimer und die LGBTQ+-Feindlichkeit im designierten Kulturressort

CDU-Chef Friedrich Merz hat den konservativen Journalisten und Medienunternehmer Wolfram Weimer als neuen Kulturstaatsminister vorgestellt, was in der deutschen Kulturszene bereits massive Kritik hervorruft. Wie queer.de berichtet, haben innerhalb von 24 Stunden bereits mehr als 10.000 Menschen eine Online-Petition unterzeichnet, die vor einer "konservativen Verengung" im Kulturbereich warnt.

LGBTQ+-feindliche Äußerungen in Weimers Schriften

Besonders problematisch erscheinen Weimers Äußerungen zu queeren Menschen in seinem 2018 erschienenen Buch "Das konservative Manifest: Zehn Gebote der neuen Bürgerlichkeit". Darin kritisiert der "Cicero"-Gründer offen, dass Menschen ihre Homosexualität heute nicht mehr wie früher verstecken. Coming-outs bezeichnet er neben anderen "Trends" abwertend als "diskursive Proletarisierung" und "Enttabuisierung".

In seinem Werk nutzt Weimer wiederholt das Schlagwort "Gender-Ideologie" als Codewort für seine Ablehnung gegenüber der LGBTQ+-Community. Der 60-jährige Christdemokrat behauptet, diese leugne "den Unterschied und die natürliche Aufeinander-Bezogenheit von Mann und Frau". Stattdessen preist er die heterosexuelle Familie als "Bastion gegen die modernistische Kultur des Provisorischen".

Konservative Kulturpolitik als Bedrohung für Vielfalt?

Recherchen zeigen, dass Weimers Ernennung in der deutschen Kulturszene überwiegend auf Skepsis und Ablehnung stößt. Kritiker befürchten, dass unter seiner Leitung popkulturelle, emanzipative und progressive Ansätze unter Druck geraten könnten. Seine Ernennung wird von vielen als politisches Signal gegen die notwendige Vielfalt in der Kulturbranche verstanden.

Weimers konservative Positionen sind keine Einzelfälle im designierten Kabinett von Friedrich Merz. Mit Katherina Reiche hat Merz zudem eine Parteifreundin zur Wirtschaftsministerin nominiert, die ebenfalls durch homo- und transfeindliche Äußerungen aufgefallen ist. Die brandenburgische CDU-Politikerin hatte in der Vergangenheit queere Paare als "nicht normal" bezeichnet und behauptet, gleichgeschlechtliche Eheschließungen würden "unendliches Leid" verursachen.

Parallelen zu anderen europäischen Ländern

Der kulturpolitische Rechtsruck in Deutschland reiht sich in eine besorgniserregende europäische Entwicklung ein. In Ländern wie Ungarn und Polen haben rechtspopulistische Regierungen in den vergangenen Jahren systematisch kulturelle Einrichtungen umgebaut und queere Rechte beschnitten. Auch in Italien hat die Regierung unter Giorgia Meloni Kulturinstitutionen mit konservativen Vertreter:innen besetzt.

In Deutschland sorgen sich nun viele Kulturschaffende, dass öffentliche Kulturförderung künftig stärker an konservative Wertvorstellungen geknüpft werden könnte. Als Kulturstaatsminister wäre Weimer auch für die Deutsche Welle zuständig – was Kritiker als Interessenkonflikt sehen, da er selbst Medienunternehmer ist.

Breiter Widerstand formiert sich

Die Opposition gegen Weimers Ernennung wächst. Neben der bereits erwähnten Petition organisieren sich Kulturschaffende, queere Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen, um gegen die drohende konservative Ausrichtung der Kulturpolitik zu protestieren. Besonders in den urbanen Zentren Berlin, Hamburg und Köln, wo große queere Communities beheimatet sind, regt sich Widerstand.

Ob Weimer als Kulturstaatsminister tatsächlich seine konservativen Ansichten in konkrete Politik umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Für die LGBTQ+-Community in Deutschland stehen jedenfalls unruhige Zeiten bevor. Nach Jahren des gesellschaftlichen Fortschritts könnte die geplante konservative Wende im Kulturressort wichtige Errungenschaften gefährden.

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