CSU-Politiker bei AfD-Demo gegen Drag-Lesung: Hat er gegen Parteiregeln verstoßen?

Die Teilnahme des CSU-Funktionärs Markus Hammer an einer queerfeindlichen AfD-Kundgebung in Puchheim sorgt weiterhin für Kontroversen. Wie queer.de berichtet, bleibt die Frage nach Konsequenzen für sein Handeln bislang unbeantwortet. Doch gegen welche Regeln hat der CSU-Ortsvorstand eigentlich verstoßen, wenn es rechtlich gesehen keine Straftat war, bei einer angemeldeten Demonstration zu sprechen?

Verstoß gegen parteiinterne Beschlüsse

Obwohl Hammer mit seiner Teilnahme an der AfD-Demo keinen strafrechtlich relevanten Gesetzesverstoß begangen hat, könnte er gegen zentrale Beschlüsse seiner eigenen Partei verstoßen haben. Die CSU hat sich – wie alle anderen demokratischen Parteien im Bundestag – klar zur sogenannten "Brandmauer" gegen die AfD bekannt. Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hat wiederholt betont, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD für seine Partei nicht in Frage kommt.

Nach dem Parteiengesetz kann ein Mitglied aus einer Partei ausgeschlossen werden, wenn es "vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt." Genau dieser Punkt könnte im Fall Hammer relevant sein.

Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CSU

Die CSU hat – wie auch ihre Schwesterpartei CDU – einen klaren Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber der AfD gefasst. In einem Beschluss des CSU-Parteivorstandes vom Dezember 2023 wurde nochmals bekräftigt, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen ist. Dieser Grundsatzbeschluss gilt für alle Ebenen der Partei und somit auch für Kommunalpolitiker wie Markus Hammer.

Dem Bericht zufolge trat Hammer nicht nur als Teilnehmer bei der AfD-Veranstaltung auf, sondern hielt dort eine Rede und erklärte sogar, er sei "stellvertretend für andere Mitglieder, die auch gerne dabei wären". Damit hat er möglicherweise diesen zentralen Parteibeschluss missachtet.

Schädigung des Parteiansehens

Ein weiterer möglicher Ausschlussgrund könnte in der Schädigung des Ansehens der Partei liegen. Die CSU-Kreisvorsitzende Katrin Staffler äußerte sich gegenüber dem "Merkur" entsetzt über Hammers Verhalten: "Ich halte das Auftreten eines CSU-Funktionsträgers im Rahmen einer AfD-Kundgebung für völlig unangemessen und deplatziert. Diese Art eines suggerierten Miteinanders widerspricht allem, wofür ich stehe."

Damit deutete Staffler an, dass Hammers Verhalten dem Ansehen der Partei geschadet und gegen ihre Grundwerte verstoßen haben könnte. In einem solchen Fall erlauben die Parteistatuten einen Ausschluss aus der Partei.

Hohe Hürden für Parteiausschlüsse

Rechtlich gesehen sind die Hürden für einen Parteiausschluss in Deutschland jedoch sehr hoch. Dies liegt daran, dass das Bundesverfassungsgericht die innerparteiliche Demokratie und die Rechte der Parteimitglieder besonders schützt. Ausschlussverfahren scheitern daher häufig oder ziehen sich über lange Zeiträume hin.

Dies könnte ein Grund sein, warum zwei Wochen nach dem Vorfall noch keine konkreten Maßnahmen gegen Hammer ergriffen wurden oder zumindest nicht öffentlich kommuniziert wurden. Auf Anfragen von queer.de reagierten weder die CSU-Geschäftsstelle noch Katrin Staffler, die den möglichen Parteiausschluss zunächst in Aussicht gestellt hatte.

Präzedenzfälle in anderen Parteien

In der jüngeren Vergangenheit gab es mehrere Fälle, in denen Mitglieder demokratischer Parteien wegen Nähe zur AfD oder rechtsextremer Äußerungen mit Parteiausschlussverfahren konfrontiert wurden. In der CDU wurde beispielsweise gegen den Thüringer Kommunalpolitiker Robert Sesselmann ein Verfahren eingeleitet, nachdem er gemeinsam mit der AfD gestimmt hatte.

Zudem wurde der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen Anfang 2024 aus der CDU ausgeschlossen, unter anderem wegen seiner Nähe zu rechten Positionen und umstrittenen Äußerungen. Dies zeigt, dass Parteien durchaus bereit sind, bei gravierenden Verstößen gegen ihre Grundsätze auch prominente Mitglieder auszuschließen.

AfD-Nähe als zunehmendes Problem

Der Fall Hammer steht exemplarisch für ein größeres Problem: Die Abgrenzung zur AfD fällt manchen Unionspolitikern zunehmend schwer, besonders bei Themen wie LGBTQ+-Rechten, wo es inhaltliche Überschneidungen geben kann. Markus Apel vom LSVD Bayern sieht hier queerfeindliche Schnittmengen: "Die Ablehnung des Selbstbestimmungsgesetzes, die Ungleichbehandlung von Regenbogenfamilien oder die Verunglimpfung von Drag-Künstler*innen zeigt deutlich, dass queere Menschen wiederholt von Personen aus beiden Parteien als Störfaktor oder sogar Gefahr dämonisiert werden."

Der Vorfall in Puchheim wirft daher grundsätzliche Fragen auf: Wie ernst nimmt die CSU ihre eigenen Beschlüsse zur Abgrenzung von der AfD? Und welche Konsequenzen hat es, wenn Parteimitglieder diese Grenze überschreiten? Die ausbleibende öffentliche Reaktion der Parteiführung lässt Raum für Spekulationen, ob die angekündigte klare Kante gegen rechts in der Praxis durchgesetzt wird oder ob es bei symbolischen Ankündigungen bleibt.

Fazit: Verstoß gegen Parteilinie, nicht gegen Gesetze

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Markus Hammer hat mit seiner Teilnahme an der AfD-Kundgebung gegen Drag-Lesung in Puchheim keinen Gesetzesverstoß begangen. Sein Verhalten könnte jedoch gegen zentrale Beschlüsse und Grundsätze seiner eigenen Partei verstoßen haben – insbesondere gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss der CSU zur AfD. Ob dies für einen Parteiausschluss reicht, ist eine parteiinterne Entscheidung, die letztlich auch davon abhängt, wie konsequent die CSU ihre eigenen Grundsatzbeschlüsse durchsetzen will.

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