Die Situation für LGBTQ+ Menschen in Russland hat sich dramatisch verschlechtert. Nach einem Bericht von PinkNews wurden bereits über 100 Menschen wegen angeblicher LGBTQ+ "Extremismus" verurteilt. Diese beunruhigende Entwicklung zeigt das wahre Ausmaß der staatlichen Verfolgung queerer Menschen in Putin's Russland.
Ein systematischer Angriff auf die Menschenrechte
Seit Januar 2024 ist das sogenannte "Extremismus-Gesetz" in Kraft, das die "internationale öffentliche LGBT-Bewegung" als extremistische Organisation einstuft. Die Auswirkungen sind verheerend: 101 Menschen wurden bereits verurteilt - 98 davon wegen Ordnungswidrigkeiten oder geringfügigen Verstößen, die restlichen wegen Straftaten.
Hugh Williamson, Direktor der Europa- und Zentralasien-Abteilung von Human Rights Watch, bringt es auf den Punkt: "Die russischen Behörden missbrauchen das Justizsystem als Werkzeug in ihrem drakonischen Kreuzzug zur Durchsetzung 'traditioneller Werte' und zur Marginalisierung queerer Menschen."
Parallelen zur deutschen Geschichte
Für deutsche LGBTQ+ Aktivisten sind diese Entwicklungen besonders beunruhigend. Die systematische Verfolgung von queeren Menschen erinnert an dunkle Kapitel der deutschen Geschichte. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) fordert die Bundesregierung auf, verfolgte LGBTQ+ Menschen aus Russland aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewähren.
Deutschland, das heute stolz auf seine Fortschritte bei LGBTQ+ Rechten blickt, trägt eine besondere Verantwortung. Die Erinnerung an die Verfolgung homosexueller Menschen während der NS-Zeit und die lange Diskriminierung durch den Paragraphen 175 mahnen uns, nicht wegzuschauen, wenn anderswo ähnliche Unterdrückung stattfindet.
Absurde Alltag der Verfolgung
Die Willkür der Verfolgung zeigt sich in grotesken Einzelfällen: Ein Mann wurde bestraft, weil er scherzhaft behauptete, die "internationale LGBTQ+ Rechtsbewegung gestartet" zu haben. Ein anderer erhielt eine Geldstrafe für das Posten eines Regenbogenflaggen-Bildes in sozialen Medien. Diese Beispiele verdeutlichen, wie bereits harmlose Solidaritätsbekundungen zu Strafen führen können.
Besonders tragisch ist der Fall eines Mannes, der beschuldigt wurde, eine queere Reiseagentur zu betreiben und tot in seiner Polizeizelle aufgefunden wurde. Solche Fälle werfen ernste Fragen über die Behandlung von LGBTQ+ Menschen in russischer Haft auf.
Flucht als letzte Option
Die beiden führenden russischen LGBTQ+ Rechtsorganisationen "Coming Out" und "Sphere" berichten von einem drastischen Anstieg der Hilfsgesuche. Immer mehr Menschen bitten um Unterstützung bei der Ausreise, humanitären Visa, Asylanträgen und Notevakuierungen. Viele LGBTQ+ Menschen fliehen aus Angst vor Putins Propaganda-Gesetz ins Exil.
Eine Umfrage von 2024 zeigt das Ausmaß der Angst: 82% der LGBTQ+ Menschen in Russland sehen persönliche Risiken nach der Extremismus-Einstufung. Viele löschen präventiv ihre Social-Media-Beiträge, um einer Strafverfolgung zu entgehen.
Internationale Reaktionen gefordert
Human Rights Watch und andere Menschenrechtsorganisationen fordern von Russlands internationalen Partnern, die Verfolgung von LGBTQ+ Menschen zu verurteilen. Gleichzeitig appellieren sie an andere Regierungen, Schutzsuchenden aus Russland sicheren Zufluchtsort zu gewähren.
Die systematische Verfolgung queerer Menschen in Russland ist nicht nur ein Angriff auf die Menschenrechte, sondern auch ein Rückschritt für die internationale LGBTQ+ Bewegung. Es liegt an der internationalen Gemeinschaft - und besonders an Deutschland mit seiner historischen Verantwortung - zu handeln und Betroffenen Schutz zu bieten.
Die über 100 Verurteilungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Hinter jeder Zahl steht ein Mensch, dessen einziges "Verbrechen" es war, zu lieben oder sich für die Rechte anderer einzusetzen. Diese Menschen verdienen unsere Solidarität und unseren Schutz.