Trumps YMCA-Auftritt in Saudi-Arabien: Eine bizarre Dissonanz zwischen Musik und Politik

Donald Trump sorgte kürzlich für weltweites Aufsehen, als er seine Rede in Saudi-Arabien – einem Land, in dem Homosexualität mit dem Tod bestraft werden kann – mit dem als schwule Hymne bekannten Disco-Hit "YMCA" der Village People beendete. Wie PinkNews berichtet, ereignete sich dieser seltsame Moment während eines Investment-Forums in Riad, als der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman zu den Klängen des ikonischen Disco-Songs auf die Bühne kam, um Trump die Hand zu schütteln.

Schwule Hymne in einem streng homophoben Land

Der Kontrast könnte kaum größer sein: "YMCA", ein Song aus den 1970er Jahren, der aufgrund seiner Entstehungsgeschichte und Popularität in LGBTQ+-Clubs als schwule Hymne gilt, ertönt in einem Land, dessen Gesetze zu den LGBTQ+-feindlichsten der Welt gehören. In Saudi-Arabien stehen auf homosexuelle Handlungen drakonische Strafen bis hin zur Todesstrafe. Zudem sind LGBTQ+-Themen zensiert, und das Scharia-Gesetz verbietet das sogenannte "Cross-Dressing", was die Existenz von Transgender-Personen praktisch illegalisiert.

Die Wahl des Songs ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass "YMCA" von Jacques Morali mitgeschrieben wurde, der selbst homosexuell war, ebenso wie mehrere Originalmitglieder der Band, darunter Felipe Rose und Randy Jones. Der Song wird bis heute bei Pride-Veranstaltungen weltweit gespielt und sein Text wird oft als verschlĂĽsselte Anspielung auf schwules Cruising interpretiert. Sogar der Name "Village People" selbst bezieht sich auf das Greenwich Village in Manhattan, das als "Gayborhood" bekannt ist.

YMCA als fester Bestandteil von Trump-Rallyes

Trotz der offensichtlichen Verbindung zur LGBTQ+-Community hat sich "YMCA" in den letzten Jahren zu einem Standardsong bei Trump-Veranstaltungen entwickelt. Der Song wurde während seiner Wahlkampagne vor der Wiederwahl im November 2024 regelmäßig gespielt – eine Praxis, die angesichts der LGBTQ+-feindlichen Politik der Trump-Administration bereits damals für Verwunderung sorgte.

In Deutschland löste der Vorfall Diskussionen über den Umgang mit LGBTQ+-Rechten in der internationalen Politik aus. Während in Deutschland die Ehe für alle seit 2017 gesetzlich verankert ist und das Selbstbestimmungsgesetz im Jahr 2023 in Kraft trat, werden in anderen Teilen der Welt LGBTQ+-Personen weiterhin verfolgt und kriminalisiert.

Streit um die Bedeutung des Songs

Interessanterweise hat der Leadsänger der Village People, Victor Willis, der heterosexuell ist, wiederholt bestritten, dass der Song irgendwelche Verbindungen zur LGBTQ+-Community hat. In einem Facebook-Post im Dezember drohte Willis sogar damit, Nachrichtenorganisationen zu verklagen, die "YMCA" als schwule Hymne bezeichnen, da solche Annahmen "schädlich für den Song" seien.

"Es wurde viel darĂĽber gesprochen, besonders in letzter Zeit, dass YMCA irgendwie eine schwule Hymne sei", schrieb Willis. "Wie ich schon oft gesagt habe, ist das eine falsche Annahme, die darauf basiert, dass mein Schreibpartner schwul war und einige (nicht alle) Village People schwul waren." Willis behauptet, der Song sei lediglich seinem Jugendzentrum gewidmet.

Die Village People traten im Januar auch bei Trumps Amtseinführung auf, was ihnen heftige Kritik aus der LGBTQ+-Community einbrachte. Die Gruppe verteidigte ihren Auftritt mit der Erklärung, dass "Musik ohne Rücksicht auf Politik aufgeführt werden sollte" und ihre Musik das Land "nach einem turbulenten und gespaltenen Wahlkampf" vereinen würde.

Reaktionen in den sozialen Medien

In den sozialen Medien löste die Performance bei Trumps Amtseinführung bereits heftige Reaktionen aus. "Es ist so bezeichnend, dass ihr eine Menge dieser Charakterkostüme von der queeren Community übernommen habt (besonders der Biker) und dann so etwas macht. Ihr habt euch wirklich verkauft", schrieb ein Nutzer. Ein anderer kommentierte: "Ich habe keinen Respekt mehr für eure Gruppe... Ich schäme mich und werde eure gesamte Musik wegwerfen."

Die jüngste Episode in Saudi-Arabien verstärkt nun die Diskussion um die Instrumentalisierung von LGBTQ+-Kulturgut in Kontexten, die der Community feindlich gegenüberstehen. Während in Deutschland die Akzeptanz von LGBTQ+-Personen in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat, zeigt dieser Vorfall, wie LGBTQ+-Symbole global in widersprüchlichen politischen Kontexten verwendet werden können.

Der saudi-arabische Blogger und LGBTQ+-Aktivist Alaa al-Faqir, der aus dem Land fliehen musste und mittlerweile in Berlin lebt, kommentierte gegenüber verschiedenen Medien den Vorfall als "absurdes Theater, das die Heuchelei der internationalen Beziehungen offenlegt, während LGBTQ+-Personen in Saudi-Arabien weiterhin in ständiger Angst leben müssen".

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