Russlands Kampf gegen westliche Werte: British Council als "unerwünschte Organisation" verbannt

Russland hat das britische Kulturinstitut British Council offiziell zur "unerwünschten Organisation" erklärt und wirft dem Institut Geheimdiensttätigkeit vor. Wie queer.de berichtet, begründet die russische Generalstaatsanwaltschaft diesen Schritt unter anderem mit der Unterstützung der "internationalen LGBT-Bewegung" durch das Institut – eine Bewegung, die in Russland seit letztem Jahr als "terroristisch" eingestuft wird.

Queerfeindlichkeit als politisches Instrument

Der Schritt gegen den British Council reiht sich ein in eine lange Liste von Maßnahmen, mit denen das Putin-Regime gegen alles vorgeht, was es als westliche Einflussnahme betrachtet. Besonders besorgniserregend ist dabei die explizite Nennung der Unterstützung für LGBTQ+-Anliegen als Begründung für die Einstufung als "unerwünscht".

Seit der Einführung des Gesetzes gegen "LGBT-Propaganda" im Jahr 2013 hat sich die Situation für queere Menschen in Russland kontinuierlich verschlechtert. Im Dezember 2022 wurde dieses Gesetz erheblich verschärft, sodass nun praktisch jede positive oder neutrale Darstellung von LGBTQ+-Themen in der Öffentlichkeit verboten ist. Im Juli 2023 folgten weitere Verschärfungen, die unter anderem geschlechtsangleichende medizinische Behandlungen verboten.

Der British Council im Visier

Das 1934 gegründete Kulturinstitut British Council ist weltweit für die Förderung kultureller Beziehungen und Bildungschancen bekannt. In Deutschland ist die Organisation vor allem für den Englisch-Sprachtest IELTS bekannt, der für Studium und Arbeitsaufenthalt in englischsprachigen Ländern oft erforderlich ist.

In Russland selbst ändert die neue Einstufung wenig, da das Institut dort bereits seit 2018 seine Tätigkeit auf Anweisung des russischen Außenministeriums einstellen musste. Damals wurde die Maßnahme mit der Vergiftung des Ex-Spions Sergej Skripal in Großbritannien begründet.

Besorgniserregend ist jedoch der Aufruf des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB an "befreundete Länder", dem Beispiel Moskaus zu folgen und die Arbeit des British Council auch in anderen Staaten zu unterbinden.

Auswirkungen auf die deutsch-russischen Beziehungen

Auch deutsche Institutionen sind bereits ins Visier geraten: Das Deutsche Historische Institut und die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde wurden ebenfalls zu unerwünschten Organisationen erklärt. Diese Maßnahmen zeigen, wie Russland versucht, sich kulturell und wissenschaftlich vom Westen zu isolieren.

Die deutsche Bundesregierung hat wiederholt Bedenken zur Menschenrechtslage in Russland geäußert, insbesondere zur Diskriminierung von LGBTQ+-Personen. Trotzdem erklärte Staatssekretärin Daniela Ludwig (CSU) kürzlich, dass queerfeindliche Repressalien in Russland gegenwärtig kein Asylgrund in Deutschland seien – eine Haltung, die angesichts der systematischen Verfolgung queerer Menschen in Russland kritisch zu betrachten ist.

"Gayropa" – Russlands Propagandabegriff gegen europäische Werte

In der russischen Staatspropaganda wird das demokratische Europa oft als "Gayropa" denunziert – ein Propagandabegriff, mit dem der angebliche moralische Niedergang westlicher Gesellschaften aufgrund ihrer Akzeptanz queerer Menschen kritisiert wird. Diese Rhetorik ist Teil einer umfassenderen Strategie, die eigene Bevölkerung gegen westliche Werte zu mobilisieren.

Die jüngste Welle von Festnahmen wegen angeblicher "Homo-Propaganda" und die Einstufung der internationalen LGBTQ+-Bewegung als "terroristisch" zeigen, dass die russische Führung Queerfeindlichkeit nicht nur nach innen, sondern zunehmend auch als außenpolitisches Instrument einsetzt, um sich vom Westen abzugrenzen.

Zivilgesellschaftlicher Widerstand

Trotz der repressiven Politik gibt es sowohl in Russland als auch international weiterhin Widerstand. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) und internationale Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch dokumentieren die Verfolgung queerer Menschen in Russland und setzen sich für deren Rechte ein.

Für die queere Community in Deutschland bedeutet die Entwicklung in Russland auch eine Erinnerung daran, dass erkämpfte Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz keine Selbstverständlichkeit sind, sondern immer wieder verteidigt werden müssen – gerade in Zeiten, in denen auch hierzulande autoritäre und queerfeindliche Stimmen an Lautstärke gewinnen.

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