Der konservative Gemeinderat von Kent County in England, der von der rechtspopulistischen Partei Reform UK geführt wird, hat alle Bücher mit Trans-Themen aus den Kinderbereichen seiner 99 Bibliotheken entfernt. Die Entscheidung wurde über soziale Medien verkündet, was für zusätzliche Empörung sorgte.
Der Gemeinderat-Vorsitzende Linden Kemkaran rechtfertigte den Schritt auf der Plattform X mit den Worten: "Kindern zu sagen, dass sie im 'falschen Körper' sind, ist falsch und schlichtweg inakzeptabel." Diese Äußerung zeigt die ideologische Motivation hinter der Entscheidung, die auf Vorurteilen und Unwissen über die Realität trans Kinder basiert.
Die Gefahr der Buchzensur auch in Deutschland
Während solche drastischen Maßnahmen in Deutschland bislang selten sind, zeigen aktuelle Entwicklungen, dass auch hier LGBTQ+-Themen in der Jugendliteratur verstärkt diskutiert werden. In den USA ist bereits ein dramatischer Anstieg von Bücherverboten zu verzeichnen - 2023 stieg die Zahl der angegriffenen Bücher um 92 Prozent, wobei insbesondere Werke von Frauen, People of Color und LGBTQ+-Autor*innen betroffen sind.
Besonders besorgniserregend ist, dass Geschichten mit homosexuellen Held*innen jungen Menschen dabei helfen können, sich zu identifizieren und Vertraute zu finden. Diese Bücher vermitteln ein Stück Normalität und Selbstakzeptanz - genau das, was trans Kindern und Jugendlichen oft fehlt.
Warum Trans-Bücher für Kinder wichtig sind
Die Entfernung der Bücher aus Kent ignoriert die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Bedeutung von Repräsentation in der Kinderliteratur. Kinder- und Jugendbücher mit Trans-Themen erzählen von der Suche nach Identität und der Akzeptanz des eigenen Geschlechts - fundamentale Erfahrungen, die alle Kinder durchleben.
Die Bücher helfen nicht nur trans Kindern, sondern auch deren Mitschüler*innen, Verständnis und Empathie zu entwickeln. Sie zeigen, dass Vielfalt normal ist und dass alle Menschen respektiert werden sollten, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität.
Politische Instrumentalisierung von Kindern
Die Entscheidung in Kent ist Teil einer größeren politischen Strategie von Reform UK, die unter Nigel Farage bereits eine problematische Haltung zu LGBTQ+-Rechten gezeigt hat. Farage selbst bezeichnete die Einführung der Ehe für alle in Großbritannien als "falsch" und erklärte, er habe diese nicht unterstützt.
Paul Webb, der zuständige Gemeinderat für Bibliotheken, begründete die Entscheidung damit, dass "junge Menschen vor schädlichen Ideologien geschützt werden" müssten. Diese Rhetorik entlarvt die wahren Absichten: Die Stigmatisierung und Ausgrenzung von trans Menschen und ihren Geschichten.
Widerstand und Hoffnung
Die Opposition in Kent hat bereits Widerstand angekündigt. Der liberaldemokratische Oppositionsführer Antony Hook kritisierte die Art der Verkündung über soziale Medien als "bizarr" und die Entscheidung als "vage", da nicht klar sei, welche Bücher genau betroffen sind.
Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig es ist, dass auch in Deutschland Bibliotheken, Pädagog*innen und Eltern wachsam bleiben und sich für die Meinungsfreiheit und das Recht auf Information einsetzen. LGBTQ+-Literatur ist ein zentraler Aspekt zahlreicher Neuerscheinungen in der Jugendliteratur und muss als solcher respektiert und geschützt werden.
Die Entscheidung in Kent ist ein Rückschritt für die Rechte von trans Kindern und ein gefährliches Signal für andere konservative Regionen. Es liegt an uns allen, sicherzustellen, dass Vielfalt und Akzeptanz in unseren Bibliotheken und Schulen einen Platz haben.