Der offen schwule Virologe und CDU-Politiker Hendrik Streeck soll neuer Drogenbeauftragter der Bundesregierung werden, wie queer.de berichtet. Das Bundeskabinett wird die Personalie voraussichtlich am Mittwoch offiziell bestätigen. Der 47-jährige Christdemokrat folgt damit auf den von Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach ernannten SPD-Politiker Burkhard Blienert, der das Amt seit Januar 2022 innehatte.
Vom Virologen zum Drogenbeauftragten
Streeck erlangte während der Corona-Pandemie als Mitglied des Expertenrats der Bundesregierung bundesweite Bekanntheit. Erst bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2024 zog er in den Bundestag ein, nachdem er seinen Wahlkreis in Bonn gewann – der erste CDU-Sieg in diesem Wahlkreis seit 1998. Vor seiner Ernennung zum Drogenbeauftragten war Streeck auch als möglicher Bundesgesundheitsminister im Gespräch, dieses Amt übernahm jedoch seine Parteifreundin Nina Warken, die ihn nun für die Position des Drogenbeauftragten vorgeschlagen hat.
Seit 2019 ist Streeck Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Bonn und Kuratoriumschef der Deutschen Aidsstiftung. In der LGBTQ+-Community ist er nicht nur als offen schwuler Politiker bekannt, sondern wurde 2022 auch von der Stiftung "Prout at Work" als queere Führungskraft geehrt.
Herausforderungen in der Drogenpolitik
Die größte Herausforderung für Streeck in seinem neuen Amt dürfte der Umgang mit der umstrittenen Teillegalisierung von Cannabis sein. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD wurde eine "ergebnisoffene Evaluierung" für diesen Herbst vereinbart. Seit dem 1. April 2024 ist das Kiffen für Volljährige unter bestimmten Beschränkungen in Deutschland legal.
Die CDU, Streecks Partei, positionierte sich im Wahlkampf klar für eine Rekriminalisierung von Cannabis. Parteichef Friedrich Merz kritisierte die Legalisierung als Auslöser für zunehmende Rauschgiftkriminalität. Die Union argumentiert, dass die Legalisierung den Schwarzmarkt stärkt, Polizei und Justiz zusätzlich belastet und die Verkehrssicherheit gefährdet.
Als Drogenbeauftragter wird Streeck eine wichtige Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen und Themen rund um Drogen und Sucht, einschließlich neuer Forschungsergebnisse, präsentieren. Befürworter der Cannabislegalisierung sehen in dem Gesetz hingegen einen wichtigen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik und argumentieren, dass die Legalisierung den Schwarzmarkt langfristig austrocknen könnte.
LGBTQ+-Perspektive in der Drogenpolitik
Mit Streeck übernimmt erstmals ein offen schwuler Politiker das Amt des Drogenbeauftragten. Dies könnte neue Perspektiven in die Drogenpolitik einbringen, besonders im Hinblick auf die spezifischen Herausforderungen, mit denen LGBTQ+-Personen im Zusammenhang mit Suchtproblematiken konfrontiert sein können. Studien zeigen, dass LGBTQ+-Personen teilweise ein erhöhtes Risiko für Substanzkonsum aufweisen können, was oft mit Minderheitenstress und Diskriminierungserfahrungen zusammenhängt.
Für die Community wird interessant sein zu beobachten, ob und wie Streeck seine Erfahrungen als schwuler Mann und sein Engagement im HIV/AIDS-Bereich in seine neue Rolle einbringen wird. Seine bisherige Arbeit als Kuratoriumschef der Deutschen Aidsstiftung könnte ihm dabei helfen, präventive Ansätze zu stärken und die Gesundheitsbedürfnisse marginalisierter Gruppen stärker in den Fokus zu rücken.
Ausblick
Die bevorstehende Evaluierung der Cannabis-Legalisierung im Herbst wird der erste große Test für Streeck in seinem neuen Amt sein. Angesichts der klaren Position seiner Partei für eine Rekriminalisierung wird mit Spannung erwartet, wie er sich zwischen parteipolitischen Vorgaben und seiner wissenschaftlichen Expertise positionieren wird.
Als Wissenschaftler mit Erfahrung in der Gesundheitspolitik bringt Streeck wichtige Qualifikationen mit, um evidenzbasierte Entscheidungen in der Drogenpolitik zu fördern. Ob er als Drogenbeauftragter einen eigenen Kurs einschlagen oder die Linie seiner Partei vertreten wird, bleibt abzuwarten.