Eine bahnbrechende neue Studie aus den USA bestätigt, was trans Menschen schon lange wissen: Transfeindlichkeit und gesellschaftliche Ablehnung sind die Hauptursachen für sogenannte "Detransition" – nicht etwa Zweifel an der eigenen Geschlechtsidentität. Die Erkenntnisse der bisher größten Trans-Gesundheitsstudie weltweit zeigen deutlich auf, wie wichtig ein unterstützendes Umfeld für das Wohlbefinden von trans Menschen ist. Die Studie wurde von PinkNews veröffentlicht und liefert wichtige Einblicke in die Lebensrealität trans Menschen auch in Deutschland.
Überwältigende Zustimmung zu geschlechtsangleichenden Behandlungen
Über 84.000 trans, nicht-binäre und geschlechtsnonkonforme Menschen über 18 Jahren nahmen an der 2022 US Trans Survey teil, die von der trans Organisation Advocates for Trans Equality (A4TE) durchgeführt wurde. Die Ergebnisse sind eindeutig: 98 Prozent der Befragten, die soziale und/oder medizinische Transitionen durchliefen, berichteten von deutlich höheren Glücks- und Zufriedenheitswerten.
"Soziale und medizinische Transition waren tiefgreifende Quellen der Lebenszufriedenheit unter den Befragten", stellen die Forscher fest. Fast alle Befragten, die Hormontherapie (98 Prozent) oder geschlechtsangleichende Operationen (97 Prozent) erhalten hatten, berichteten von einer gestiegenen Lebenszufriedenheit.
Detransition: Gesellschaftlicher Druck, nicht persönliche Zweifel
Besonders aufschlussreich sind die Erkenntnisse zur Detransition. Nur neun Prozent aller Befragten gaben an, "zumindest für eine Weile zu ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht zurückgekehrt zu sein". Noch wichtiger: Nur vier Prozent dieser Gruppe nannten als Grund, dass sie erkannt hätten, dass die Geschlechtstransition nicht das Richtige für sie war.
Stattdessen dominierten "soziale und strukturelle Erklärungen" als Gründe für eine temporäre Rückkehr zur ursprünglichen Geschlechtsrolle. Transfeindlichkeit, fehlende Akzeptanz von Familie und Freunden sowie gesellschaftliche Herausforderungen waren die Hauptursachen – nicht etwa Zweifel an der eigenen Geschlechtsidentität.
Parallelen zur Situation in Deutschland
Diese Erkenntnisse spiegeln sich auch in der deutschen Forschung wider. Eine Studie zur Gesundheitsversorgung von trans Menschen in Deutschland zeigt ähnliche Herausforderungen auf: Lange Wartezeiten, Stigmatisierung im Gesundheitssystem und ein Mangel an qualifiziertem medizinischem Personal erschweren den Zugang zu angemessener Versorgung.
Auch in Deutschland ist Detransition ein seltenes Phänomen. Die deutsche S3-Leitlinie zur Geschlechtsdysphorie schätzt die Häufigkeit von Detransition nach körperverändernden Behandlungen auf weniger als ein bis 3,8 Prozent. Als Hauptgrund wird dabei ebenfalls das Fehlen eines unterstützenden Umfelds genannt.
Familiäre Unterstützung als Schlüssel zur Gesundheit
Die US-Studie unterstreicht die Bedeutung familiärer Unterstützung für die Gesundheit von trans Menschen. 69 Prozent derjenigen mit unterstützenden Familien berichteten von guter oder besserer Gesundheit, verglichen mit nur 56 Prozent bei unsupportiven Familien.
Eine Studienteilnehmerin namens Amanda beschrieb: "Mein ganzes Leben wurde davon beeinflusst, dass meine Familie mich sehr akzeptiert hat. Beide Eltern unterstützten schon immer meine geschlechtliche und sexuelle Ausdrucksweise, noch bevor es populär war, dies zu tun. Sie griffen in der Schule und in der Nachbarschaft ein, sodass ich nie die Probleme hatte, die die meisten Menschen beim Aufwachsen hatten."
Dramatische Auswirkungen auf die Suizidalität
Die Studie offenbart auch die dramatischen Auswirkungen mangelnder Unterstützung: 78 Prozent der Befragten berichteten von Suizidgedanken, 40 Prozent von Suizidversuchen. Bei unterstützenden Familien lag die Rate der Suizidgedanken bei 78 Prozent, bei unsupportiven Familien bei 88 Prozent.
Diese Zahlen verdeutlichen die lebensrettende Bedeutung geschlechtsangleichender Versorgung und gesellschaftlicher Akzeptanz. In Deutschland arbeiten Organisationen wie der Bundesverband Trans* daran, die Situation für trans Menschen zu verbessern und eine menschenrechtsbasierte Gesundheitsversorgung durchzusetzen.
Politische Angriffe verstärken die Probleme
Die Studie entstand in einem Kontext zunehmender politischer Angriffe auf trans Rechte in den USA. Bereits 2022, als die Befragung durchgeführt wurde, wurden 315 anti-LGBTQ+-Gesetze eingebracht. Seit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus haben sich diese Angriffe noch verstärkt.
Olivia Hunt, Direktorin für Bundespolitik bei A4TE, betont: "Real konkrete und rigorose Daten über die Realitäten des täglichen Lebens von trans Menschen zu haben, ist auch ein wichtiger Teil davon, all diese Annahmen und Stereotypen zu zerstreuen, die den öffentlichen Diskurs über unsere Gemeinschaft plagen."
Hoffnung durch Forschung und Aufklärung
Die Studie liefert wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, die das Narrativ von der "Detransition-Epidemie" als Mythos entlarven. Sie zeigt stattdessen auf, dass trans Menschen, die Zugang zu angemessener Versorgung und Unterstützung haben, deutlich glücklicher und gesünder sind.
Für Deutschland bedeutet dies, dass Initiativen wie i²TransHealth, die die Versorgung von trans Menschen besonders in ländlichen Gebieten verbessern wollen, von entscheidender Bedeutung sind. Die Forschung bestätigt: Geschlechtsangleichende Versorgung ist lebensrettend – und gesellschaftliche Akzeptanz ist der Schlüssel zum Wohlbefinden von trans Menschen.