Die Staatsanwaltschaft Leipzig informierte am Freitag in einer Pressemitteilung über Hausdurchsuchungen bei vier Personen, die im Verdacht stehen, vor einem Jahr Teilnehmer*innen des Christopher Street Days in Leipzig attackiert zu haben. Die Polizei führte die Durchsuchungen am Donnerstag durch und sicherte Beweismittel. Gegen die Beschuldigten wird wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzungen ermittelt.
Umfangreiche Ermittlungen gegen 29 Personen
Insgesamt gehen die Ermittlungsbehörden gegen 29 Leipziger*innen im Alter zwischen 19 und 35 Jahren vor. Neben den Hausdurchsuchungen wurden DNA-Tests durchgeführt, um die Tatbeteiligung nachzuweisen. Ein Schwerpunkt der Ermittlungen liegt auf den Ereignissen rund um das Sachsenpokal-Viertelfinale im März, bei dem Fans des 1. FC Lokomotive Leipzig Anhänger*innen des BSG Chemie Leipzig angegriffen hatten. Ein 19-jähriger Lok-Fan befindet sich in Untersuchungshaft, da er wegen versuchten Totschlags verdächtigt wird.
Zunehmende rechtsextreme Mobilisierung gegen CSD-Veranstaltungen
Die Angriffe in Leipzig reihen sich ein in eine besorgniserregende Entwicklung: Laut einer aktuellen Untersuchung des Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) wurden 2024 bundesweit in 27 Städten rechtsextreme Mobilisierungen gegen Pride- und CSD-Veranstaltungen verzeichnet. Bereits 2023 kam es zu mehreren gewalttätigen Übergriffen auf CSD-Teilnehmende, bei denen mehrere Personen verletzt wurden.
Beim CSD Leipzig am 17. August 2024 versuchten mehrere hundert Neonazis, die queere Demonstration zu stören. Die Polizei reagierte mit einem Großaufgebot und hielt etwa 400 angereiste Neonazis im Hauptbahnhof fest, damit die Veranstaltung mit rund 20.000 Teilnehmenden ungestört stattfinden konnte. Eine für den gleichen Tag angemeldete Neonazi-Kundgebung wurde von den Behörden aufgelöst.
Neue Generation von Neonazis nutzt soziale Medien
Besonders beunruhigend ist die Strategie der neuen Generation von Neonazis. Diese nutzen verstärkt soziale Medien wie Instagram, WhatsApp und TikTok zur Rekrutierung und Organisation ihrer Aktionen. Die neonazistische Partei "Der III. Weg" versucht seit Frühjahr 2023 verstärkt, in Leipzig und Umgebung Fuß zu fassen, insbesondere in östlichen Stadtteilen und im nordsächsischen Taucha, wie aus Berichten des Vereins Engagierte Wissenschaft e.V. hervorgeht.
Anstieg rechtsextremer Gewalt in Sachsen
In Sachsen ist 2024 ein deutlicher Anstieg an rechtsextremen Angriffen im öffentlichen Raum im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Besonders beunruhigend ist die Zunahme von Angriffen im Umfeld von Demonstrationen, was mit den rechten Gegenprotesten zu den CSDs in Verbindung stehen könnte. Das antifaschistische Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz" ruft dazu auf, den CSD und seine Teilnehmer*innen vor Neonazi-Übergriffen zu schützen.
Zivilgesellschaftliche Reaktionen
Trotz der zunehmenden Bedrohung durch rechtsextreme Gruppen wächst auch die Solidarität mit der LGBTQ+-Community. Bei den CSDs in Leipzig und anderen deutschen Städten beteiligten sich 2024 Rekordzahlen von Teilnehmenden. In Leipzig waren es rund 20.000 Menschen, die ein deutliches Zeichen für Vielfalt und gegen Diskriminierung setzten.
Die aktuellen Hausdurchsuchungen und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Leipzig senden ein wichtiges Signal: Angriffe auf die queere Community werden strafrechtlich verfolgt. Für die Betroffenen der Übergriffe ist dies ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der erlebten Gewalt. Die Ermittlungen dauern an.