Rückschritt in Großbritannien: Premier Starmer spricht Trans Frauen ihren Status ab – ein Kontrast zu Deutschlands fortschrittlichem Selbstbestimmungsgesetz

Während in Deutschland seit dem 1. November 2024 das neue Selbstbestimmungsgesetz gilt, welches die Rechte von Transpersonen stärkt, zeigt sich in Großbritannien eine gegenläufige Entwicklung. Der britische Premierminister Keir Starmer ist öffentlich von seiner früheren Position abgerückt, dass Transfrauen als Frauen anzusehen sind, wie die LGBTQ+ Nachrichtenseite queer.de berichtet. Diese politische Kehrtwende folgt einem umstrittenen Urteil des britischen Supreme Court und wirft ein Schlaglicht auf die zunehmend transfeindliche Stimmung im Vereinigten Königreich.

Starmers Meinungswandel und das Urteil des Obersten Gerichtshofs

Auf eine Anfrage der BBC antwortete ein Regierungssprecher im Namen von Starmer: "Nein, das Urteil des Obersten Gerichtshofs hat klargestellt, dass eine Frau im Sinne des Gleichstellungsgesetzes eine biologische Frau ist." Der Supreme Court hatte vergangene Woche entschieden, dass sich die Begriffe "Frau" und "Geschlecht" im britischen Equality Act aus dem Jahr 2010 ausschließlich auf "biologische Frauen" und "biologisches Geschlecht" beziehen.

Dieser Positionswechsel ist bemerkenswert, da Starmer noch 2022 als Oppositionsführer betont hatte, dass "Transfrauen Frauen sind" und dies nicht nur seine persönliche Ansicht sei, sondern "tatsächlich das Gesetz". Nun begrüßt er das Urteil als "Schritt nach vorne" und fordert, "dass alle Richtlinien dem Urteil entsprechen".

Problematische Auswirkungen für trans Personen in Großbritannien

Die Entscheidung des Supreme Courts könnte weitreichende Folgen haben. Trans, inter oder nichtbinären Personen drohen Ausschlüsse aus bestimmten Räumen oder Wettbewerben sowie Behandlungen, die ihre Geschlechtsidentität missachten. Die britische Gleichstellungsministerin Bridget Phillipson verstärkte diese Befürchtungen mit der Aussage, dass trans Personen Einrichtungen "auf der Grundlage des biologischen Geschlechts" nutzen sollten, was faktisch bedeuten würde, dass Transfrauen Männertoiletten benutzen müssten.

Dies markiert einen deutlichen Rückschritt in der britischen Politik zu Transgender-Rechten. Bereits vor der Wahl hatte die Labour-Partei begonnen, ihre ehemals progressive Trans-Politik zurückzufahren. So hatte Labour 2019 noch ein Selbstbestimmungsgesetz versprochen, während Starmer im Wahlkampf 2023 der konservativen Rhetorik nachgab und betonte, er stimme mit Tony Blair überein, "dass Männer Penisse und Frauen Vaginas haben".

Deutschland geht einen anderen Weg

Der Kontrast zur Situation in Deutschland könnte kaum größer sein. Hier trat am 1. November 2024 das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, das das veraltete Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 ablöst. Das neue Gesetz vereinfacht den Prozess für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen erheblich, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern.

Anders als in Großbritannien, wo biologistische Definitionen von Geschlecht politisch und juristisch an Boden gewinnen, setzt Deutschland auf Selbstbestimmung: Volljährige können ihren Geschlechtseintrag durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern, ohne medizinische Gutachten oder gerichtliche Entscheidungen. Das Gesetz basiert auf dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) und dem Schutz der geschlechtlichen Identität.

"Das neue Selbstbestimmungsgesetz ist ein Meilenstein für die Rechte von trans, inter und nichtbinären Personen in Deutschland", erklärt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD). "Es erkennt an, dass Menschen selbst am besten wissen, welchem Geschlecht sie angehören."

Droht ein transfeindlicher Trend in Europa?

Die Entwicklung in Großbritannien wirft die Frage auf, ob sich ein transfeindlicher Trend in Europa ausbreitet. Während Länder wie Deutschland, Spanien, Belgien und Finnland in den letzten Jahren progressive Gesetze zur Selbstbestimmung eingeführt haben, sind in anderen Ländern wie Ungarn, Polen und nun auch Großbritannien eher restriktive Tendenzen zu beobachten.

Für die LGBTQ+-Community in Deutschland ist die britische Entwicklung ein alarmierendes Signal. "Was in Großbritannien passiert, könnte auch in anderen Ländern Schule machen", warnt die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti). Der Verband verweist auf den aktuellen CDU/CSU-Entwurf für ein Wahlprogramm, der transfeindliche Positionen enthalte und möglicherweise eine Abkehr vom progressiven Kurs in Deutschland einleiten könnte.

Die deutsche Community blickt daher mit Sorge auf die Entwicklung in Großbritannien, gleichzeitig aber auch mit Stolz auf die erreichten Fortschritte hierzulande. Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft, in der jeder Mensch sein Geschlecht selbst bestimmen kann. Es wird sich zeigen, ob Deutschland diesem Kurs treu bleibt oder ob der britische Weg auch hier Nachahmer findet.

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