Ein Video aus dem texanischen Repräsentantenhaus sorgt derzeit weltweit für Aufsehen: Der republikanische Abgeordnete Andy Hopper wollte die Finanzierung von LGBTQ+-Programmen an der Universität von Texas streichen – gestand aber gleichzeitig ein, nicht einmal zu wissen, was "intersexuell" bedeutet. Die ursprüngliche Berichterstattung finden Sie hier.
Was passierte im texanischen Parlament?
Während einer 14-stündigen Haushaltsdebatte am 11. April versuchte der republikanische Politiker Andy Hopper, einen Änderungsantrag durchzusetzen, der die staatliche Finanzierung der University of Texas in Austin stoppen sollte. Seine Begründung: Die Universität biete LGBTQ+-Programme und Diversity-Kurse an, die seiner Meinung nach "Diskriminierung unter dem Deckmantel von Diversität, Gleichheit und Inklusion" lehren würden.
"Es gibt unwandelbare biologische Realitäten, dass es nur zwei Geschlechter gibt: männlich und weiblich", behauptete Hopper unter Buhrufen im Plenarsaal. Als die demokratische Abgeordnete Lauren Ashley Simmons ihn fragte, wie er denn intersexuelle Menschen in seine Weltsicht einordne, gab Hopper zu: "Ich weiß nicht einmal, was das bedeutet."
Der peinliche Moment wurde noch verstärkt, als Hopper behauptete, dass intersexuelle Menschen "immer noch XX oder XY" Chromosomen hätten – woraufhin seine republikanische Kollegin Valoree Swanson ihn am Ärmel zog und hörbar korrigierte: "Andy, das stimmt nicht."
Was bedeutet Intersexualität?
Intersexualität bezeichnet Menschen, die mit körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren werden, die nicht den typischen binären Kategorien von "männlich" oder "weiblich" entsprechen. Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen gibt es über 40 bekannte intersexuelle Variationen, darunter verschiedene Chromosomenmuster wie XXY, XYY oder XXX. Etwa 1,7 Prozent der Weltbevölkerung wird mit intersexuellen Merkmalen geboren – ein Anteil, der etwa dem von rothaarigen Menschen entspricht.
Die Houston Intersex Society, die den Clip auf Instagram teilte, erklärte dazu: "Intersexuelle Menschen werden mit Genitalien, Hormonen, Chromosomen und/oder Gonaden geboren, die zwischen dem liegen, was als typisch männlich oder weiblich gilt. Versuche, ein ausschließlich binäres Geschlechtssystem gesetzlich zu verankern, sind nicht nur wissenschaftlich ungenau, sondern schaffen auch eine gefährliche Situation, die intersexuelle Menschen in einer rechtlichen Grauzone belässt."
Die Situation in Deutschland
In Deutschland ist die rechtliche Situation für intersexuelle Menschen deutlich fortschrittlicher als in Texas. Seit Ende 2018 gibt es hierzulande neben "männlich" und "weiblich" auch die Option "divers" oder "ohne Angabe" im Personenstandsregister – eine Errungenschaft, die auf eine erfolgreiche Klage einer intersexuellen Person vor dem Bundesverfassungsgericht zurückgeht.
Mit dem Selbstbestimmungsgesetz, das am 1. November 2024 in Kraft tritt, macht Deutschland einen weiteren wichtigen Schritt: Es ermöglicht trans*, inter* und nicht-binären Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen in einem vereinfachten Verfahren beim Standesamt zu ändern.
Dennoch gibt es auch in Deutschland weiterhin Kritik an der Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes, insbesondere an der dreimonatigen Wartefrist für die Änderung des Geschlechtseintrags und den Einschränkungen für Minderjährige und Asylsuchende.
LGBTQ+-Programme an deutschen Universitäten
Im Gegensatz zu den Bestrebungen in Texas, universitäre LGBTQ+-Programme zu streichen, bieten deutsche Hochschulen zunehmend Unterstützung und akademische Angebote in diesem Bereich. Die Technische Hochschule Köln beispielsweise führt einen Masterstudiengang "Gender and Queer Studies" in Kooperation mit der Universität zu Köln.
Weitere Beispiele sind die Friedrich-Schiller-Universität Jena mit All-Gender-Toiletten und dem studentischen "Queer Paradies" als Anlaufstelle, die Hochschule Hannover mit einem "Queer Guide" für Studierende oder die Europa-Universität Viadrina, die gezielt Frauen und queere Personen durch verschiedene Programme fördert.
Ein Lehrstück über politische Bildung
Der Fall Hopper zeigt exemplarisch, wie wichtig fundiertes Wissen ist, wenn es um politische Entscheidungen geht, die marginalisierte Gruppen betreffen. Während in Texas ein Politiker versucht, Programme zu streichen, die er selbst nicht versteht, arbeitet Deutschland daran, die Rechte und die Sichtbarkeit von LGBTQ+-Personen durch rechtliche Anerkennung und Bildungsangebote zu stärken.
Hoppers Antrag wurde übrigens abgelehnt, und der texanische Haushalt mit 118 zu 26 Stimmen verabschiedet. Das Video seiner peinlichen Wissenslücke aber bleibt – als Mahnung, sich vor politischen Forderungen zumindest grundlegend mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen.