Eine schockierende Wahlkampfpublikation in Großbritannien sorgt für Entsetzen und erinnert daran, dass queerfeindliche Hassrede auch im politischen Kontext ein wachsendes Problem darstellt. Wie PinkNews berichtet, hat die Polizei in der englischen Grafschaft Oxfordshire Ermittlungen gegen einen Kommunalpolitiker aufgenommen, der in seinem Wahlflugblatt LGBTQ+-Menschen als "geisteskranke Fanatiker" bezeichnet hat.
Hetze im Namen der "christlichen Werte"
Der unabhängige Kandidat David Roy Cox, der für den Wahlkreis Burford und Carterton West bei den Kommunalwahlen am 1. Mai kandidiert, verteilte ein Flugblatt, in dem er sich für "christliche Lehren, Werte und Traditionen" ausspricht. In seinem Pamphlet fordert Cox ein Ende des "schwächlichen, feigen Woke-Unsinns" und erklärt, es sei "unerlässlich, Kinder und ihre unbefleckten Köpfe vor der bösen Indoktrination der geisteskranken LBTQ-Fanatiker und ihrer Pride-Flaggen zu schützen".
Darüber hinaus enthält das Flugblatt rassistische und ableistische Äußerungen, in denen Cox beklagt, dass "viele Teile unseres Landes heute nicht wiederzuerkennen sind und eher wie die r*******-verseuchten Einöden des Nahen Ostens oder verarmte nordafrikanische Slums aussehen, wo Englisch als Zweitsprache gesprochen wird".
Anwohnerin erstattet Anzeige
Eine Anwohnerin namens Nikita Haddington-Milner, die das Flugblatt in ihrem Briefkasten fand, erstattete Anzeige bei der Polizei von Thames Valley, dem West Oxfordshire District Council und der Wahlkommission. Besonders empörend: Das Flugblatt wurde trotz einer am Haus angebrachten Pride-Flagge durch ihre Tür geschoben.
"Ich fühle mich verletzt, dass sie dies wissentlich durch die Tür gesteckt haben. Das sagt alles", erklärte Haddington-Milner gegenüber lokalen Medien. "Ich bin bestürzt darüber, dass diese veralteten Ansichten bis heute bestehen, obwohl es Gesetze gibt, die davor schützen sollten. Jeder hat ein Recht auf seine religiösen Überzeugungen, aber dies ist das absichtliche Schüren von Hass."
Sie betonte: "Das ist in meinen Augen das Schüren von Hass gegen mehrere schutzbedürftige Gemeinschaften, das Verbreiten von Informationen von Tür zu Tür, im Wissen, dass es Unruhe und Hass verursacht. Es geht nicht um freie Meinungsäußerung, das ist Gift, keine Politik. Das ist gefährliche Rhetorik."
Polizei ermittelt wegen möglicher Hasskriminalität
Ein Sprecher der Thames Valley Police bestätigte, dass eine Beschwerde eingegangen sei und die Beamten derzeit prüfen, ob Cox' Flugblatt eine Hasskriminalität darstellt. Der Politiker selbst zeigte keine Reue und erklärte gegenüber der BBC, er stehe zu allem, was in seinem Flugblatt gedruckt wurde. Er fügte hinzu, dass es "ihr Problem" und nicht seines sei, wenn Haddington-Milner durch den Inhalt beleidigt wurde.
Deutschland: Ähnliche Probleme im Kontext politischer Kampagnen
Auch in Deutschland ist queerfeindliche Hassrede im politischen Kontext ein zunehmendes Problem. Eine Studie des LSVD (Lesben- und Schwulenverband Deutschland) zeigt, dass Hasskriminalität gegen LGBTQ+-Personen in Deutschland oft unzureichend erfasst und verfolgt wird. Der Paragraf zur Volksverhetzung (§ 130 StGB) erwähnt beispielsweise homophobe und transphobe Motive nicht explizit.
Die Amadeu Antonio Stiftung betont, dass rechtsextreme und religiös-fundamentalistische Gruppen zunehmend Hass gegen queere Menschen schüren, indem sie LGBTQ+-Personen als Gefahr für Kinder darstellen und Desinformationen über eine angebliche "Gender-Ideologie" verbreiten – rhetorische Strategien, die dem Vorgehen von David Roy Cox auffallend ähneln.
Europäische Dimension des Problems
Laut einem Bericht von ILGA-Europe nehmen anti-LGBTQ+-Rhetorik und Hassreden in ganz Europa zu, insbesondere im Kontext von Wahlen. In mehreren europäischen Ländern nutzen Politiker zunehmend queerfeindliche Rhetorik, um Grundrechte einzuschränken und Wählerstimmen zu gewinnen.
Besonders besorgniserregend: Hassreden können zu einer Eskalation von Gewalt führen und das gesellschaftliche Klima vergiften. Sie wirken sich nachweislich negativ auf die psychische Gesundheit von LGBTQ+-Personen aus und fördern soziale Ausgrenzung.
Was können wir tun?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, gegen queerfeindliche Hassreden vorzugehen:
- Hassreden können bei den Betreibern sozialer Netzwerke, bei speziellen Meldestellen wie Hass im Netz und bei der Polizei gemeldet werden.
- Gegenrede ist wichtig: Positionieren Sie sich gegen Hassreden und unterstützen Sie Betroffene.
- Informieren Sie sich über Ihre Rechte: In Deutschland verpflichtet das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) die Betreiber sozialer Plattformen, illegale Inhalte innerhalb kurzer Zeit zu löschen.
- Unterstützen Sie Organisationen, die sich für die Rechte von LGBTQ+-Menschen einsetzen, wie den LSVD oder Queer Amnesty.
Der Fall aus Oxfordshire zeigt, dass der Kampf gegen queerfeindliche Hassrede auch im Jahr 2025 noch lange nicht gewonnen ist – weder in Großbritannien noch in Deutschland. Es bleibt eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, entschieden gegen solche hetzerischen Äußerungen vorzugehen, um LGBTQ+-Personen zu schützen und eine offene, demokratische Gesellschaft zu bewahren.