"Martyns Gesetz": Neue Anti-Terror-Maßnahmen in Großbritannien mit Bedeutung für Deutschland

Premierminister Keir Starmer hat die Mutter von Martyn Hett, einem schwulen Opfer des Bombenanschlags in der Manchester Arena, getroffen, um die Verabschiedung des nach ihrem Sohn benannten Gesetzes zum Schutz vor Terroranschlägen zu feiern. Die neue Gesetzgebung wurde am 3. April 2025 offiziell verabschiedet und markiert das Ende einer sechsjährigen Kampagne der Familie.

Wer war Martyn Hett?

Martyn Hett war ein 29-jähriger PR-Manager und Social-Media-Star, der beim Terroranschlag nach einem Ariana Grande-Konzert in der Manchester Arena am 22. Mai 2017 ums Leben kam. Bei diesem Anschlag starben insgesamt 22 Menschen, viele weitere wurden verletzt. Hett war in der LGBT+-Community bekannt und beliebt, unter anderem für seine Liebe zur britischen Seifenoper "Coronation Street" und seine lebhafte Persönlichkeit. Sein Humor und sein offener Umgang mit seiner Sexualität machten ihn zu einer Identifikationsfigur für viele junge schwule Menschen.

Was beinhaltet "Martyns Gesetz"?

Das offiziell als "Terrorism (Protection of Premises) Bill" bezeichnete Gesetz verpflichtet Veranstaltungsorte mit einer Kapazität von 200 oder mehr Personen, Vorkehrungen für den Fall eines Terroranschlags zu treffen. Größere Veranstaltungsorte mit über 800 Personen müssen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, wie beispielsweise Überwachungskameras, Taschenkontrollen oder Fahrzeugkontrollen, wo es angemessen erscheint.

Die strategischen Ziele des Gesetzes sind klar definiert: die Auswirkungen von Terroranschlägen zu reduzieren, Klarheit über Verantwortlichkeiten für Sicherheitsmaßnahmen zu schaffen und die Konsistenz der Sicherheitsstandards zu verbessern. Zudem soll es mehr Unterstützung für diejenigen bieten, die für die Sicherheit an öffentlichen Orten verantwortlich sind.

Die besondere Rolle von Figen Murray

Seit dem Tod ihres Sohnes hat Figen Murray, Martyns Mutter, unermüdlich für die Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen an öffentlichen Veranstaltungsorten gekämpft. Beim Treffen mit Premierminister Starmer blätterten beide durch ein Familienalbum mit Fotos von Martyn. Starmer betonte dabei: "Das Gesetz wäre ohne Ihr Engagement nicht zustande gekommen. Ich hoffe, Sie sehen darin ein würdiges Vermächtnis für Martyn."

Murray antwortete darauf: "Das tut es, ja. Es gibt Martyns Tod zumindest eine gewisse Bedeutung." Diese Worte unterstreichen die tiefe persönliche Bedeutung hinter dem politischen Erfolg.

Relevanz für Deutschland

Anders als Großbritannien verfügt Deutschland nicht über eine umfassende, separate Gesetzgebung zur Terrorismusbekämpfung. Die meisten terrorismusbezogenen Straftaten werden nach dem allgemeinen Strafrecht behandelt, obwohl es spezifische Regelungen zur Terrorismusfinanzierung und zur Bildung terroristischer Vereinigungen gibt. Die deutschen Behörden sehen derzeit rassistisch oder ethnisch motivierte Extremisten als größte Bedrohung für die innere Sicherheit.

In Deutschland ist das Bundeskriminalamt (BKA) für die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus zuständig, wenn eine Bedrohung die Grenzen eines Bundeslandes überschreitet. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin, das die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern koordiniert.

Experten für öffentliche Sicherheit in Deutschland beobachten die Entwicklung in Großbritannien mit Interesse. "Die Frage nach verbindlichen Sicherheitsstandards für Veranstaltungsorte wird auch in Deutschland zunehmend diskutiert", erklärt Dr. Thomas Weber vom Deutschen Forum für Kriminalprävention. "Nach den Anschlägen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin oder zuletzt beim Messerangriff in Solingen gibt es auch hierzulande Forderungen nach stärkeren präventiven Maßnahmen."

Ein Vorbild für Europa?

Während die britische Regierung das Gesetz als einen "Meilenstein für die Sicherheit unseres Landes" bezeichnet, stellt sich die Frage, ob ähnliche Regelungen auch in anderen europäischen Ländern eingeführt werden könnten. In Deutschland stünde dem der föderale Aufbau entgegen, da Sicherheitsbelange größtenteils in der Verantwortung der Bundesländer liegen.

Dennoch könnten einzelne Elemente von "Martyns Gesetz" auch für die deutsche Sicherheitsarchitektur interessant sein. Insbesondere die klare Definition von Verantwortlichkeiten und Mindeststandards für Veranstaltungsorte könnte als Vorbild dienen.

Die Verabschiedung von "Martyns Gesetz" zeigt eindrucksvoll, wie persönliches Engagement und Aktivismus zu konkreten politischen Veränderungen führen können. Für die LGBT+-Community in Großbritannien und darüber hinaus ist es zudem ein wichtiges Zeichen, dass das Gedenken an ein schwules Opfer eines Terroranschlags zu einem bedeutsamen gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen hat.

Während sich Großbritannien auf die Umsetzung des neuen Gesetzes vorbereitet, bleibt zu hoffen, dass der Geist von Martyns Vermächtnis auch in anderen Ländern zu einer sichereren Gesellschaft für alle beitragen wird – unabhängig von sexueller Orientierung, Geschlecht oder Herkunft.

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