Rheinland-Pfalz hat einen wichtigen Schritt für die rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien unternommen. Am vergangenen Freitag stellte Familienministerin Katharina Binz (Grüne) im Bundesrat einen Entschließungsantrag vor, der das Abstammungsrecht reformieren soll, um Kindern in Zwei-Mütter-Familien von Geburt an zwei rechtliche Elternteile zu sichern. Die ursprüngliche Meldung wurde auf queer.de veröffentlicht.
Die aktuelle rechtliche Benachteiligung
Nach geltendem Recht wird in Deutschland bei Kindern, die in eine Beziehung zweier Frauen hineingeboren werden, nur die leibliche Mutter automatisch als Elternteil anerkannt. Die nicht-gebärende Mutter muss hingegen ein langwieriges Adoptionsverfahren durchlaufen, um rechtlich als zweites Elternteil anerkannt zu werden. Im Gegensatz dazu wird bei heterosexuellen Paaren der Ehemann automatisch als Vater eingetragen, oder kann bei unverheirateten Paaren die Vaterschaft unkompliziert anerkennen.
Diese rechtliche Ungleichbehandlung führt zu gravierenden Nachteilen für die betroffenen Familien. "Bis das Adoptionsverfahren abgeschlossen ist, hat das Kind rechtlich nur ein Elternteil und befindet sich damit in einer sozial, juristisch und ökonomisch prekären Situation", wie Binz betont. Im schlimmsten Fall könnte bei einem Unfall der rechtlichen Mutter das Kind vom Jugendamt in Obhut genommen werden – trotz des Vorhandenseins eines zweiten liebenden Elternteils.
Die geforderte Reform
Der Entschließungsantrag aus Rheinland-Pfalz schlägt eine analoge Regelung zur bestehenden Vaterschaftsregelung vor. Gemäß dem Vorschlag soll die Ehefrau oder eingetragene Lebenspartnerin der Geburtsmutter automatisch als zweite rechtliche Mutter anerkannt werden – ohne den Umweg über eine diskriminierende Stiefkindadoption nehmen zu müssen. Dies würde eine Anpassung des § 1592 Nr. 1 und Nr. 2 BGB bedeuten, wie der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) seit langem fordert.
"Im Sinne des Kindeswohls und im Sinne der Gleichstellung der betroffenen Familien müssen wir dieses Verfahren jetzt abschaffen und dafür sorgen, dass die Kinder rechtlich abgesichert sind – indem sie von Geburt an zwei Elternteile haben", erklärte Katharina Binz während der Vorstellung des Antrags.
Acht Jahre nach der Ehe für alle – immer noch keine vollständige Gleichstellung
Besonders enttäuschend für viele Betroffene ist die Tatsache, dass die aktuelle Bundesregierung keine konkreten Pläne zur Reform des Abstammungsrechts in ihrem Koalitionsvertrag verankert hat. "Acht Jahre nach der Öffnung der Ehe ist es dringend an der Zeit, die Zwei-Mütter-Familien vollständig rechtlich gleichzustellen", mahnte die rheinland-pfälzische Familienministerin.
Der Entschließungsantrag wurde zunächst in die zuständigen Ausschüsse des Bundesrats überwiesen, wo er fachlich beraten wird. Für betroffene Familien bleibt zu hoffen, dass der Antrag später im Plenum eine Mehrheit findet und so Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden kann, entsprechende Gesetzesänderungen vorzunehmen.
Eine Frage der Gerechtigkeit und des Kindeswohls
Die rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern vor allem eine Frage des Kindeswohls. Die derzeitige Rechtslage, bei der Kinder in Zwei-Mütter-Familien zunächst nur einen rechtlichen Elternteil haben, schafft unnötige Unsicherheiten und potenzielle Risiken für die betroffenen Kinder.
Katharina Binz hat sich als Familienministerin von Rheinland-Pfalz seit ihrem Amtsantritt konsequent für die Rechte von LGBTQ+-Familien eingesetzt. Mit dem aktuellen Vorstoß im Bundesrat könnte ein wichtiger Schritt in Richtung vollständiger rechtlicher Anerkennung von Regenbogenfamilien in Deutschland gelingen – vorausgesetzt, der politische Wille zur Reform ist vorhanden.
Betroffene Familien und LGBTQ+-Organisationen wie der LSVD hoffen nun, dass der Antrag aus Rheinland-Pfalz ausreichend Unterstützung findet, um die längst überfällige Reform des Abstammungsrechts endlich auf den Weg zu bringen.