Die US-Einwanderungsbehörde ICE hat offenbar einen LGBTQ+ Asylbewerber aufgrund seiner Tätowierungen nach El Salvador abgeschoben. Wie Pink News berichtet, nutzten die Behörden dafür ein fast 227 Jahre altes Gesetz, das zuletzt während des Zweiten Weltkriegs zur Internierung von Menschen japanischer Abstammung eingesetzt wurde.
Lindsay Toczylowski, Gründerin und Präsidentin des Immigrant Defenders Law Centre (ImmDef), erklärte, dass einer ihrer Mandanten, ein venezolanischer Tätowierer, nach El Salvador abgeschoben wurde, weil seine Körperkunst falsch interpretiert wurde. Die Einwanderungsbeamten behaupteten, die Tätowierungen hätten Verbindungen zur venezolanischen kriminellen Organisation "Tren de Aragua".
Ein ungeheuerlicher Missbrauch eines archaischen Gesetzes
"Die Tätowierungen unseres Mandanten haben nichts mit Bandenaktivitäten zu tun", betonte Toczylowski. "Sie sind harmlos und spiegeln seine Arbeit als Künstler wider. ICE reichte Fotos seiner Tätowierungen als 'Beweise' ein, obwohl es keine anderen Beweise für kriminelle Verbindungen gab."
Die Behörden stützten sich bei der Abschiebung auf den "Alien Enemies Act" von 1798, ein Gesetz, das dem Präsidenten die volle Befugnis gibt, Personen allein aufgrund ihrer Nationalität oder vermuteter Verbindungen zu feindlichen Organisationen festzunehmen oder abzuschieben. Beunruhigend ist, dass das Gesetz keine konkreten Beweise vor der Abschiebung erfordert.
Der betroffene LGBTQ+ Asylbewerber war laut seiner Anwältin im vergangenen Jahr aus Venezuela geflohen, um Verfolgung zu entkommen. In den USA, wo er Schutz suchte, wurde er monatelang in ICE-Gefängnissen festgehalten, bevor er abgeschoben wurde.
Parallelen zur Situation in Deutschland
Auch in Deutschland stehen LGBTQ+ Asylbewerber vor besonderen Herausforderungen. Obwohl Deutschland als vergleichsweise fortschrittlich in Bezug auf LGBTQ+-Rechte gilt, erleben queere Geflüchtete im Asylverfahren und im Alltag häufig Diskriminierung und mitunter Gewalt, wie Queer Refugees Deutschland dokumentiert.
Die Glaubwürdigkeit spielt im deutschen Asylverfahren eine entscheidende Rolle. Asylbewerber müssen nachweisen können, dass sie tatsächlich LGBTQ+ sind und ihnen im Herkunftsland Verfolgung droht. Ironischerweise können Tätowierungen, die auf die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität hinweisen, laut Berichten des Tagesspiegels sowohl als Beweis dienen als auch ein Sicherheitsrisiko darstellen, falls es zu einer Abschiebung kommt.
Rechtliche Entwicklungen in den USA
Im aktuellen US-Fall hat Bezirksrichter James Boasberg inzwischen eine Eilanordnung erlassen, die der Trump-Administration die weitere Anwendung des 227 Jahre alten Gesetzes untersagt. Der Richter entschied, dass das Gesetz keine ausreichende Grundlage für Abschiebungen biete, da sich die Begriffe "Invasion" und "räuberischer Einfall" auf "feindliche Handlungen feindlicher Nationen" beziehen.
Die Trump-Administration hatte behauptet, die venezolanische Gang Tren de Aragua würde "eine Invasion oder einen räuberischen Einfall gegen das Territorium der Vereinigten Staaten verüben, versuchen oder androhen". Der Fall wird laut BBC voraussichtlich vor dem Obersten Gerichtshof verhandelt werden.
Besonders beunruhigend an diesem Fall ist, dass der Mandant von Toczylowski nach Angaben seiner Anwältin plötzlich aus der Online-Datenbank für Inhaftierte "verschwand" und zu einer Gerichtsanhörung nicht erschien. Der Regierungsanwalt hatte angeblich keine Ahnung, warum er nicht anwesend war.
Unterstützungsmöglichkeiten für LGBTQ+ Geflüchtete
In Deutschland gibt es zahlreiche Organisationen, die LGBTQ+ Geflüchtete unterstützen, darunter der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und Queer Refugees Deutschland. Diese bieten rechtliche Beratung, psychosoziale Unterstützung und Hilfe bei der Integration.
Der Fall aus den USA macht deutlich, wie wichtig es ist, die Rechte von LGBTQ+ Asylsuchenden zu schützen und veraltete Gesetze kritisch zu hinterfragen. Sowohl in den USA als auch in Deutschland ist es notwendig, dass die besonderen Schutzbedarfe queerer Geflüchteter anerkannt werden und faire Asylverfahren garantiert sind.