"Grauer Pride" in Budapest: Ungarns LGBTQ+-Community trotzt Orbáns Verbot mit Humor und Widerstand

Mit einer ungewöhnlichen Protestaktion hat die LGBTQ+-Gemeinschaft in Ungarn am vergangenen Samstag gegen das neue Pride-Verbot der Regierung demonstriert. Statt in bunten Regenbogenfarben gingen die Demonstranten in Grau auf die Straße von Budapest – eine ironische Antwort auf die zunehmend queerfeindliche Politik von Ministerpräsident Viktor Orbán. Der Originalartikel wurde auf PinkNews veröffentlicht.

Das Pride-Verbot und die kreative Antwort

Die regierende Fidesz-Partei unter Viktor Orbán hat im März 2025 ein Gesetz ins Parlament eingebracht, das LGBTQ+-Pride-Märsche faktisch verbietet. Die Befürworter behaupteten, solche Veranstaltungen könnten für Kinder "schädlich" sein. Das Gesetz wurde schnell verabschiedet und sieht Geldstrafen von bis zu 200.000 Forint (etwa 420 Euro) für Organisatoren und Teilnehmer vor. Besonders beunruhigend: Die Polizei darf Gesichtserkennungstechnologie einsetzen, um Demonstranten zu identifizieren und zu bestrafen.

Als Reaktion darauf versammelten sich am 12. April tausende Menschen zu einer "Grauen Pride" in Budapest. Die von der satirischen Zwei-Schwanz-Hunde-Partei organisierte Kundgebung setzte auf Humor als Waffe: Die Teilnehmer schwenkten graue Flaggen und hielten ironische Schilder mit Slogans wie "Gleichheit ist trendy" hoch.

"Schaut euch all diese Menschen an, die jetzt in Grau gekleidet sind – eine perfekte Darstellung dessen, wie Gleichförmigkeit aussieht", erklärte die 53-jährige Demonstrantin Kata Bicskei gegenüber AFP. "Das ist natürlich die Ironie. Wir wollen nicht, dass alle gleich sind." Ein anderer Demonstrant betonte: "Humor entlarvt das Absurde."

Parallelen und Unterschiede zu Deutschland

Während in Ungarn die Rechte der LGBTQ+-Community systematisch beschnitten werden, hat Deutschland in den letzten Jahren wichtige Fortschritte gemacht. Seit 2017 ist die gleichgeschlechtliche Ehe legal, und es gibt umfassende Antidiskriminierungsgesetze, die LGBTQ+-Personen in Bereichen wie Beschäftigung, Wohnen und Dienstleistungen schützen, wie das Auswärtige Amt betont.

Die deutsche Bundesregierung hat die ungarische Gesetzgebung wiederholt scharf kritisiert und sich der EU-Klage gegen Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Verstößen gegen die Grundrechte von LGBTQ+-Personen angeschlossen, wie POLITICO berichtete. Auch deutsche Pride-Veranstaltungen wie der Christopher Street Day in Berlin oder Köln haben in der Vergangenheit auf die zunehmend prekäre Situation der LGBTQ+-Community in Ungarn aufmerksam gemacht.

Systematische Einschränkung von LGBTQ+-Rechten in Ungarn

Das jüngste Pride-Verbot ist nur der neueste Schritt in einer langen Reihe von Maßnahmen gegen die LGBTQ+-Gemeinschaft in Ungarn. Obwohl Homosexualität legal ist und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität gesetzlich verboten ist, hat die Orbán-Regierung in den letzten Jahren mehrere queerfeindliche Gesetze erlassen:

  • Ein Verbot der Darstellung von LGBTQ+-Themen in Schulen und Medien, ähnlich dem russischen "Anti-Propaganda"-Gesetz
  • Eine Verfassungsänderung, die die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert
  • Einschränkungen des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare
  • Das Verbot der rechtlichen Anerkennung von transgender Personen

Diese Politik hat zu Reaktionen der Europäischen Union geführt, die rechtliche Schritte gegen Ungarn eingeleitet und Finanzmittel eingefroren hat. Die EU hat 17 Bedingungen gestellt, die das mitteleuropäische Land erfüllen muss, bevor Gelder wieder freigegeben werden.

Doch zu Beginn des Jahres 2024 verdoppelte Orbán, der seit 2010 Ministerpräsident ist, seine anti-LGBTQ+-Rhetorik und erklärte: "Es gibt nicht genug Geld auf der Welt, um uns zu zwingen, Migranten hereinzulassen, und es gibt nicht genug Geld auf der Welt, für das wir unsere Kinder oder Enkelkinder in die Hände von LGBTQ+-Aktivisten geben würden."

Budapest Pride: "Das ist kein Kinderschutz, das ist Faschismus"

Die Organisation Budapest Pride verurteilte das Gesetz in einer Erklärung: "Das ist kein Kinderschutz, das ist Faschismus. Die ungarische Regierung versucht, friedliche Proteste mit kritischer Stimme einzuschränken, indem sie eine Minderheit ins Visier nimmt. Deshalb werden wir als Bewegung für die Freiheit aller Ungarn kämpfen, zu protestieren!"

Frühere Budapest-Pride-Märsche haben regelmäßig mehr als 30.000 LGBTQ+-Personen und Verbündete angezogen. Trotz des neuen Verbots zeigt die "Graue Pride", dass die Community nicht bereit ist, sich einschüchtern zu lassen.

In Deutschland haben LGBTQ+-Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ihre Solidarität mit der ungarischen Community zum Ausdruck gebracht und fordern von der Bundesregierung und der EU weiterhin entschlossenes Handeln gegen die Rückschritte bei den Menschenrechten in Ungarn.

Der kreative und humorvolle Widerstand der ungarischen LGBTQ+-Community zeigt, dass autoritäre Maßnahmen den Kampf für Gleichberechtigung und Würde nicht stoppen können – im Gegenteil, sie führen zu neuen Formen des Protests, die die Absurdität der Repression offenlegen.

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