Die Polizeiinspektion Cuxhaven warnt vor einer besorgniserregenden Überfallserie auf homosexuelle Männer in der Hafenstadt. Wie queer.de berichtet, wurden gezielt Nutzer von Dating-Plattformen zu Treffen gelockt, um sie anschließend zu bedrohen, zu beleidigen und auszurauben.
Systematisches Vorgehen der Täter
Nach Angaben der Polizei Cuxhaven nahmen die Täter – teils Jugendliche und junge Erwachsene – über Online-Dating-Portale gezielt Kontakt zu homosexuellen Männern auf. Bei den vereinbarten Treffen im Stadtgebiet kam es dann zu verbalen und körperlichen Übergriffen sowie zur Erpressung und zum Raub von Geld und Wertgegenständen.
Besonders beunruhigend: Die Polizei geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Betroffene keine Anzeige erstatten. Dies deckt sich mit bundesweiten Erfahrungen. Experten von Schwulissimo berichten, dass besonders nicht geoutete homosexuelle Männer aus Angst vor einem Zwangsouting oft schweigen und so zu bevorzugten Opfern werden.
Kein Einzelfall: Strukturelles Problem in Deutschland
Die Vorfälle in Cuxhaven reihen sich in ein bundesweites Muster ein. In den letzten Jahren haben Cyberkriminalität und gezielte Angriffe auf LGBTQ+-Personen über Dating-Plattformen deutlich zugenommen. Neben direkten körperlichen Übergriffen wie in Cuxhaven ist auch "Sextortion" ein wachsendes Problem: Dabei werden Opfer zu sexuellen Handlungen vor der Kamera verleitet und anschließend mit der Veröffentlichung der Aufnahmen erpresst.
Die Täter sind häufig organisiert und gehen mit erschreckender Systematik vor. Das Bundeskriminalamt warnt davor, dass Täter nach einer ersten Zahlung meist nicht aufhören, sondern ihre Forderungen weiter erhöhen.
Datensicherheit als zusätzliches Risiko
Ein weiteres Sicherheitsrisiko stellen Datenlecks bei LGBTQ+-Dating-Plattformen dar. So wurden beispielsweise bei einem Sicherheitsvorfall bei der Plattform "Gay Daddy" rund 50.000 Profile ungeschützt online gestellt – inklusive privater Fotos, Nachrichten, sexueller Vorlieben und sogar des HIV-Status der Nutzer. Solche Vorfälle machen betroffene Personen zusätzlich erpressbar, wie Schwulissimo berichtet.
Schutzmaßnahmen und Hilfsangebote
Die Polizei Cuxhaven appelliert an Betroffene: "Sollten Sie Opfer einer derartigen Straftat geworden sein, wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an die Polizei, eine Dienststelle ihrer Nähe oder nutzen Sie die Online-Anzeige der Polizei Niedersachsen."
Experten empfehlen zudem folgende Sicherheitsmaßnahmen:
- Erstes Treffen immer an öffentlichen Orten mit vielen Menschen planen
- Einer vertrauten Person mitteilen, wohin man geht und mit wem man sich trifft
- Vorsicht bei Profilen ohne Bilder oder mit sehr wenigen Informationen
- Niemals intime Fotos mit Fremden teilen, bei denen das Gesicht erkennbar ist
- Bei Erpressungsversuchen keine Zahlungen leisten, sondern sofort Anzeige erstatten
Neben der Polizei bieten auch LGBTQ+-Beratungsstellen wie das Projekt Queere Nothilfe vertrauliche Hilfe und Beratung für Betroffene an. Die Beratungsstellen können auch bei der Kommunikation mit den Behörden unterstützen und psychologische Betreuung vermitteln.
Die Community in Cuxhaven und Umgebung wird nun besonders zur Wachsamkeit aufgerufen. Auch Dating-Plattformen selbst haben inzwischen Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit ihrer Nutzer zu verbessern, darunter verbesserte Verifizierungssysteme und Einschränkungen bei Screenshots, um den Missbrauch von Bildmaterial zu erschweren.