Ein Gastgeber in Tuntenhausen wurde durch einen Mann, den er über eine schwule Dating-Plattform kennenlernte und aus humanitären Gründen bei sich aufnahm, um Wertgegenstände bestohlen. Wie queer.de berichtet, verurteilte das Amtsgericht Rosenheim den 34-jährigen Täter zu einer Gefängnisstrafe von 20 Monaten. Der Fall zeigt beispielhaft, wie Vertrauen und Hilfsbereitschaft in der LGBTQ+-Community ausgenutzt werden können.
Der Fall im Detail
Im Februar 2024 suchte der 34-jährige gelernte Koch und Friseur über eine schwule Dating-Plattform nach einer kostenlosen Übernachtungsmöglichkeit. Ein 49-jähriger Geschäftsführer aus Tuntenhausen nahm den angeblich obdachlosen Mann bei sich auf. Die Gastfreundschaft wurde jedoch schon am zweiten Tag bitter belohnt: Der Gast verschwand plötzlich – und mit ihm eine wertvolle Münzsammlung im Wert von rund 8.000 Euro.
Vor Gericht gab der Angeklagte die Tat zwar zu, versuchte sie jedoch als Racheakt darzustellen. Er behauptete, der Gastgeber habe ihn sexuell bedrängt und sogar eingesperrt. Das Opfer wies diese Behauptungen entschieden zurück und erklärte, er lebe mit seinem Lebenspartner zusammen und habe keinerlei Interesse daran gehabt, fremdzugehen.
Richterin Isabella Hubert sah es als erwiesen an, dass die Gutmütigkeit des Gastgebers ausgenutzt wurde. Aufgrund zahlreicher Vorstrafen in Deutschland und Österreich sowie der kurzen Zeit seit der letzten Haftentlassung kam eine Bewährungsstrafe nicht in Betracht.
Kein Einzelfall: Betrugsmaschen auf Dating-Plattformen
Der Fall in Tuntenhausen reiht sich ein in eine besorgniserregende Entwicklung von Betrugsdelikten, die über Dating-Plattformen begangen werden. Insbesondere LGBTQ+-Personen werden immer wieder Opfer von Diebstahl, Betrug oder sogar Gewalt, nachdem sie über Dating-Apps in Fallen gelockt wurden.
Zu den häufigsten Betrugsmaschen in Deutschland gehört das sogenannte Love Scamming oder Romance Scamming, bei dem Betrüger emotionale Bindungen aufbauen, um später finanzielle Vorteile zu erlangen. Eine neuere Variante ist der Tinder-Trading-Scam, bei dem Opfer überredet werden, in angebliche Kryptowährungen zu investieren.
Besonders alarmierend: Im Januar 2023 nahm die Polizei im hessischen Main-Taunus-Kreis mehrere Jugendliche fest, die systematisch queere Personen über Dating-Portale in Hinterhalte lockten und ausraubten. In einem weiteren Fall in Wiesbaden wurde ein 56-jähriger Mann über eine schwule Dating-Plattform Opfer eines Raubes und einer Entführung.
Sicherheitstipps für die Community
Um sich vor solchen Vorfällen zu schützen, raten Experten zu folgenden Vorsichtsmaßnahmen:
- Führen Sie Gespräche so lange wie möglich innerhalb der Dating-App, bevor Sie persönliche Kontaktdaten weitergeben
- Seien Sie grundsätzlich misstrauisch bei ungewöhnlichen Anfragen oder Hilfsgesuchen
- Vereinbaren Sie erste Treffen immer an öffentlichen Orten
- Informieren Sie eine Vertrauensperson über Ihre Treffen
- Geben Sie keine sensiblen persönlichen Daten oder Wertgegenstände preis
- Nutzen Sie spezielle LGBTQ+-freundliche Plattformen, die erweiterte Sicherheitsfunktionen bieten
Manche Dating-Apps, wie Tinder, bieten inzwischen spezielle Sicherheitsfunktionen für LGBTQ+-Nutzer an. Alternative Plattformen wie Gleichklang.de und Lesarion legen besonderen Wert auf sichere Umgebungen für queere Menschen.
Anlaufstellen für Betroffene
Sollten Sie selbst Opfer eines Betrugs oder einer Straftat über Dating-Plattformen geworden sein, gibt es in Deutschland verschiedene Anlaufstellen: Neben der Polizei, die mittlerweile in vielen Präsidien spezielle Ansprechpersonen für LGBTQ+-Personen hat, bieten auch die Landeskoordination "Vielfalt statt Gewalt" psychosoziale Beratung an.
Der Fall aus Tuntenhausen mahnt zur Vorsicht, ohne dass die grundsätzliche Hilfsbereitschaft untereinander verloren gehen sollte. Gerade in der LGBTQ+-Community, in der gegenseitige Unterstützung oft eine wichtige Rolle spielt, ist es wichtig, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Vertrauen und Selbstschutz zu finden.