Der Landtag in Sachsen-Anhalt hat am vergangenen Freitag einen Antrag der AfD-Fraktion abgelehnt, der das Zeigen von Regenbogenfahnen an Schulen verbieten sollte. Die rechte Partei ist mit ihrem Vorstoß klar gescheitert, da alle anderen Fraktionen im Landesparlament – CDU, Linke, SPD, FDP und Grüne – geschlossen dagegen stimmten. Die ursprüngliche Berichterstattung stammt von queer.de.
Der AfD-Antrag und seine Begründung
In ihrem Antrag behauptete die AfD-Fraktion, die Regenbogenfahne sei ein "politisches Bekenntnis zur LGBTQ-Bewegung" und für Heranwachsende "in höchstem Maße schädlich". Der AfD-Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider, der den Antrag im Landtag vorstellte, ging sogar noch weiter und bezeichnete die Regenbogenfahne als "extremistisches Symbol", das "bei den meisten Menschen Abscheu" erzeuge.
Die Partei unterstellte der queeren Community, das "natürliche und traditionelle Familienbild der Mehrheit" dekonstruieren zu wollen. In der Begründung des Antrags zeigte sich deutlich die Sorge der AfD, dass junge Menschen durch den Anblick der Regenbogenflagge die "Ehe aus Mann und Frau" nicht mehr als "Vorbild" akzeptieren könnten.
Breite Ablehnung und Kritik
Der Lesben-, Schwulen- und Queerpolitische Runde Tisch Sachsen-Anhalt (LSQpRT) reagierte entsetzt auf den Vorstoß der AfD. "Dieser Antrag ist nichts weniger als ein Angriff auf die Lebensrealität vieler queerer Schüler*innen, Lehrkräfte und Eltern", erklärte LSQpRT-Sprecher*in Mika Taube. Die Organisation wertete den Antrag als Versuch, "Schulen zu Orten der Angst zu machen, an denen queere Jugendliche sich verstecken müssen".
Auch Susan Sziborra-Seidlitz, bildungspolitische Sprecherin der Grünen in Sachsen-Anhalt, kritisierte den Vorstoß scharf als "ideologisch aufgeladene Hetze gegen queere Menschen und gegen eine offene Gesellschaft". Sie betonte, dass die Regenbogenfahne für Liebe, Respekt und Schutzräume stehe, wie HalleSpektrum.de berichtete.
Kritiker*innen zogen auch Parallelen zu autoritären Regimen – wer Symbole der Offenheit verbieten wolle, denke autoritär und folge dem politischen Stil von Autokraten wie Putin oder Orbán, die in ihren Ländern ebenfalls gegen LGBTQ+-Rechte vorgehen.
Bildungsministerin verteidigt Vielfalt an Schulen
Landesbildungsministerin Eva Feußner (CDU) stellte in der Debatte klar, dass Schulen Kinder und Jugendliche auch zur "Achtung der Würde des Menschen" erziehen sollten. "In Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags sind die Schulen gehalten, Schülerinnen und Schülern Kenntnisse und Fähigkeiten und Werthaltungen zu vermitteln, welche die Gleichachtung und Gleichberechtigung der Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Identität fördern. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", so Feußner.
Andere Abgeordnete kritisierten die grundsätzliche Stoßrichtung der AfD. "Natürlich geht es hier um ihren Kampf gegen Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Vielfalt von Lebensformen", erklärte die Sozialdemokratin Katja Pähle. Thomas Lippmann von der Linken attestierte: "Solche Anträge sind reine Provokation."
Besessene Fokussierung der AfD auf queere Themen
Bemerkenswert war die Reaktion des FDP-Abgeordneten Konstantin Pott, der die Obsession der AfD mit queeren Themen hinterfragte: "Es wird von Ihrer Seite, liebe Kollegen der AfD, immer wieder gesagt: 'Es gibt ja andere Themen, die deutlich wichtiger sind.' […] Ich frage mich: Wenn es aus Ihrer Sicht viel wichtigere Sachen gibt, warum beantragen Sie denn immer wieder etwas zur LGBTQ-Community?"
Hans-Thomas Tillschneider, der Antragsteller, ist in der Vergangenheit bereits wiederholt mit queerfeindlichen Äußerungen aufgefallen. So bezeichnete er das "Regenbogen-Imperium" als Feind der "Normalen" und behauptete, Aids-Kranke seien der Preis für ein "dekadentes Gesellschaftsmodell". Bei einer früheren Debatte im Landtag zum Thema "Queere Propaganda spaltet – Olympia muss verbinden" beendete er seine Rede sogar mit den Worten: "Gott ist mit uns. Gott ist mit der AfD!"
Parallelen zu anderen Bundesländern und internationalen Entwicklungen
Während die AfD in Sachsen-Anhalt ein Verbot der Regenbogenfahne an Schulen fordert, hat Niedersachsen einen entgegengesetzten Weg eingeschlagen. Dort dürfen Schulen offiziell die Regenbogenflagge hissen, um ein Zeichen gegen sexuelle Diskriminierung zu setzen, wie T-Online berichtete.
Der Vorstoß der AfD in Sachsen-Anhalt steht in einer Reihe mit ähnlichen Versuchen in anderen Ländern Europas, LGBTQ+-Symbole aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. In Ungarn unter Viktor Orbán und in Russland unter Wladimir Putin wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Gesetze verabschiedet, die die Rechte und die Sichtbarkeit von LGBTQ+-Personen einschränken.
Zivilgesellschaftliche Reaktion
Als Reaktion auf den AfD-Antrag rief der Christopher Street Day Sachsen-Anhalt e.V. zu einer Demonstration vor dem Landtag auf. Die Ablehnung des Antrags durch alle anderen Fraktionen zeigt, dass trotz zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung die Mehrheit der politischen Kräfte in Sachsen-Anhalt für Vielfalt und gegen Diskriminierung eintritt.
Für die LGBTQ+-Community in Deutschland ist die geschlossene Ablehnung des AfD-Antrags ein wichtiges Signal, dass trotz zunehmender Angriffe auf ihre Rechte die demokratischen Parteien weiterhin hinter den Errungenschaften der vergangenen Jahre stehen. Der Vorfall zeigt jedoch auch, dass die Auseinandersetzung um die Sichtbarkeit und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in unserer Gesellschaft weiterhin geführt werden muss.