Das Amtsgericht Magdeburg hat die AfD-Politikerin Leyla Bilge wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 2.700 Euro verurteilt. Wie die Queer.de berichtet, hatte Bilge auf dem AfD-Parteitag im Juli 2023 queere Menschen als "pädophil", "gestört" und "Satansbrut" bezeichnet – Äußerungen, die das Gericht nun als volksverhetzend einstufte.
Die Verurteilung im Detail
Bilge, die sich beim AfD-Parteitag um einen Listenplatz für die Europawahl bewarb, behauptete in ihrer Rede, die EU befände sich "fest in der Hand einer familien- und wertefeindlichen LGBTQ-Genderlobby", welche "Kinder entfremden und sie für ihre teuflischen Ideologien einspannen" wolle. Diese Aussagen führten zu einer Anzeige durch einen 23-jährigen Leipziger Studenten, der im Prozess aussagte: "Ich habe nichts mit Satansbrut und teuflischer Ideologie zu tun. Ich bin einfach nur ein Mensch."
Das Urteil von 90 Tagessätzen à 30 Euro wurde in Abwesenheit der Angeklagten gesprochen. Ihre Anwältin und AfD-Kollegin Lena Kontré hatte einen Freispruch gefordert, jedoch sah die Richterin alle Merkmale für Volksverhetzung erfüllt. Laut Leipziger Internet Zeitung hat Bilge gegen das Urteil Berufung eingelegt, sodass es noch nicht rechtskräftig ist.
Kein Einzelfall in der deutschen Politik
Die Verurteilung reiht sich in eine zunehmende Zahl von juristischen Konsequenzen für queerfeindliche Äußerungen ein. Besorgniserregend ist dabei der wachsende Trend rechtspopulistischer Rhetorik gegen LGBTQ+-Personen in Deutschland. Der MDR berichtete über den Fall und betonte die Bedeutung solcher Urteile als Signal gegen Hassrede.
Für Bilge ist es nicht der erste Vorfall dieser Art. Bereits 2019 sorgte sie für Empörung, als sie das Hissen der Regenbogenfahne vor einem Berliner Polizeirevier als "Zeichen für Geisteskrankheiten" bezeichnete. Außerdem organisierte die 42-Jährige zwei als "Frauenmarsch" deklarierte Demonstrationen, die von Kritikern als rassistisch eingestuft wurden.
Bedeutung für die LGBTQ+-Community
Die Verurteilung von Bilge wird von vielen Vertretern der LGBTQ+-Community als wichtiger Schritt gesehen. "Solche Urteile sind essenziell, um klare Grenzen zu ziehen zwischen legitimer politischer Meinungsäußerung und menschenverachtender Hetze", erklärt der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD). In einer Zeit, in der queerfeindliche Übergriffe in Deutschland zunehmen, sendet das Urteil ein deutliches Signal.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Anzeige von einem einzelnen Betroffenen ausging. Der mutige Schritt des Leipziger Studenten zeigt, dass auch Einzelpersonen wirksam gegen queerfeindliche Hetze vorgehen können. Laut Volksstimme hatte die Staatsanwaltschaft im Vorfeld des Prozesses auch eine Razzia bei der AfD-Stadträtin durchgeführt.
Gesellschaftliche Auswirkungen
Die juristische Aufarbeitung queerfeindlicher Äußerungen von Politiker:innen ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Diskriminierung. Dennoch bleibt die Frage, inwieweit solche Urteile tatsächlich zu einem Umdenken führen. Expert:innen für politische Kommunikation weisen darauf hin, dass Verurteilungen wie diese von rechten Parteien oft instrumentalisiert werden, um sich als "Opfer der Meinungsfreiheit" zu inszenieren.
Für die deutsche LGBTQ+-Community ist das Urteil dennoch ein wichtiges Signal: Hassrede hat rechtliche Konsequenzen, auch wenn sie von Mandatsträger:innen kommt. Dies ist besonders relevant in einem politischen Klima, in dem queerfeindliche Rhetorik zunehmend salonfähig gemacht wird.
Die Entwicklung des Falls wird nach Bilges Berufung weiter zu beobachten sein. Unabhängig vom endgültigen Ausgang zeigt der Prozess jedoch, dass der Rechtsstaat Instrumente besitzt, um gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit vorzugehen – ein wichtiger Schutz für vulnerable Gemeinschaften in unserer Gesellschaft.