Ein Berufungsgericht im karibischen Inselstaat Trinidad und Tobago hat vergangene Woche die 2018 erfolgte Entkriminalisierung von Homosexualität zurückgenommen. Wie der "Daily Express" berichtet, hat das Gericht in der Hauptstadt Port of Spain mit einer 2:1-Mehrheit dem Einspruch der Regierung stattgegeben. Diese Entscheidung markiert einen dramatischen Rückschritt für LGBTQ+-Rechte in der Region.
Vom Fortschritt zum Rückschritt
Der aus Trinidad und Tobago stammende queere Aktivist Jason Jones, der mittlerweile in Großbritannien lebt, hatte 2017 gegen die Paragrafen 13 und 16 des Sexualstrafrechts geklagt. Diese aus der britischen Kolonialzeit stammenden Gesetze sahen Haftstrafen von bis zu 25 Jahren für gleichgeschlechtlichen Sex oder Analverkehr vor – sowohl für homo- als auch für heterosexuelle Paare. Im Jahr 2018 errang Jones einen bedeutenden Sieg, als der Verfassungsgerichtshof diese Paragrafen für verfassungswidrig erklärte und damit Homosexualität entkriminalisierte.
Die Regierung legte jedoch Berufung ein, und nun hat das Berufungsgericht die frühere Entscheidung aufgehoben. Als kleines Zugeständnis reduzierte die Richter-Mehrheit immerhin das maximale Strafmaß von 25 auf fünf Jahre Haft – ein schwacher Trost für die betroffene Community.
Kritik an religiös motivierter Rechtsprechung
Jason Jones zeigte sich über das Urteil zutiefst entsetzt. In einem emotionalen Facebook-Post beschuldigte der 60-Jährige die Richter Nolan Bereaux und Richterin Charmaine Pemberton, die für die Rekriminalisierung gestimmt hatten, "die Bibel wichtiger zu nehmen als ihre Pflicht, die Rechte ALLER Bürger zu schützen". Mit ihrer Entscheidung hätten sie "eine Welle von homophobem Hass losgetreten". Jones kündigte an, den Kampf fortzusetzen: "Ihr habt es vielleicht geschafft, mich mit euren Worten zum Weinen zu bringen, aber diese werden mich nicht brechen. DER KAMPF GEHT WEITER."
Rechtlicher Weg noch nicht ausgeschöpft
Jones hat bereits angekündigt, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Als letzte Instanz fungiert das sogenannte "Judicial Committee of the Privy Council", ein Gericht für Staaten, die dem postkolonialen britischen Commonwealth angehören. Allerdings gibt es wenig Grund zur Hoffnung: Dieses in London ansässige Appellationsgericht entschied 2022 gegen LGBTQ+-Rechte, indem es das Eheverbot für schwule und lesbische Paare auf Bermuda und den Caymaninseln für rechtmäßig erklärte.
LGBTQ+-Rechte in der Karibik – ein gemischtes Bild
Die Situation für LGBTQ+-Personen in der Karibik bleibt herausfordernd. Mehrere karibische Staaten, darunter Jamaika, Dominica, Grenada, St. Lucia sowie St. Vincent und die Grenadinen, haben nach wie vor Gesetze, die gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisieren, wie Human Rights Watch dokumentiert.
In den letzten Jahren gab es jedoch auch einige Fortschritte in der Region. So entschied beispielsweise das Oberste Gericht von Barbados 2023, dass bestimmte Gesetze, die gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen kriminalisierten, verfassungswidrig sind. Der Rückschritt in Trinidad und Tobago ist daher besonders besorgniserregend, da er einen bereits gewonnenen Fortschritt wieder zunichtemacht.
Kontrastbild Deutschland
Während in Trinidad und Tobago Homosexualität wieder unter Strafe gestellt wird, genießen LGBTQ+-Personen in Deutschland weitreichende rechtliche Absicherung. Seit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2017 haben gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland nahezu die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare, einschließlich des Adoptionsrechts. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet zudem Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.
Doch trotz der rechtlichen Fortschritte in Deutschland und einigen anderen Ländern weltweit mahnt der Fall Trinidad und Tobago, dass erkämpfte LGBTQ+-Rechte nicht als selbstverständlich angesehen werden können. Die Entscheidung des Berufungsgerichts zeigt, dass Fortschritte in der Gleichstellung auch wieder rückgängig gemacht werden können – eine Warnung, die auch für die hiesige Community von Bedeutung ist.
Aktivisten wie Jason Jones setzen ihren Kampf für Gleichberechtigung fort, trotz der aktuellen Rückschläge. Sie erinnern uns daran, dass der Einsatz für LGBTQ+-Rechte ein fortwährender Prozess ist, der unermüdliches Engagement erfordert – in Trinidad und Tobago ebenso wie weltweit.