Neuer "Trans-Bann" in Texas alarmiert deutsche LGBTQ+-Community: Was bedeutet das Gesetz HB3399 und wie unterscheidet sich die Situation in Deutschland?

Ein neu eingereichter Gesetzentwurf in Texas, bekannt als HB3399 oder "Texas Trans Ban", könnte die geschlechtsangleichende Gesundheitsversorgung für Menschen jeden Alters im US-Bundesstaat vollständig verbieten. Wie The Pink News berichtet, stellt dieser Gesetzentwurf eine dramatische Verschärfung der bereits bestehenden Einschränkungen dar und wirft wichtige Fragen zur Situation von Transgender-Personen in Deutschland auf.

Das geplante Gesetz in Texas: Total-Verbot für alle Altersgruppen

Der am 26. Februar eingereichte Gesetzentwurf HB3399 würde das bestehende texanische Recht ändern, indem er Hormontherapien, geschlechtsangleichende Operationen und andere damit verbundene medizinische Maßnahmen für Menschen jeden Alters verbietet – nicht nur für Minderjährige, wie es seit September 2023 bereits der Fall ist.

Der republikanische Abgeordnete Brent Money, der den Entwurf eingebracht hat, will damit jegliche medizinischen Verfahren untersagen, die der "Transition des biologischen Geschlechts einer Person" dienen. Das Gesetz würde Operationen wie Vasektomien, Hysterektomien, Orchiektomien, Phalloplastien und Vaginoplastien vollständig verbieten, wenn sie zum Zweck der Geschlechtsangleichung durchgeführt werden. Medizinisches Personal, das Hormone wie Östrogen, Testosteron oder Pubertätsblocker für die Geschlechtsangleichung verschreibt, müsste mit Geldstrafen oder sogar Gefängnisstrafen rechnen.

Teil einer breiteren Anti-LGBTQ+-Bewegung in den USA

Der Gesetzentwurf reiht sich in eine alarmierende Welle von anti-LGBTQ+-Gesetzgebungen in den USA ein. Laut der American Civil Liberties Union (ACLU) wurden allein seit Anfang 2025 bereits 456 anti-LGBTQ+-Gesetzentwürfe eingebracht. 2024 wurden 49 solcher Gesetze verabschiedet, 2023 waren es sogar 88. Texas gehört dabei zu den Bundesstaaten mit den meisten restriktiven Gesetzesinitiativen – seit Anfang 2025 wurden dort bereits 59 anti-LGBTQ+-Gesetzentwürfe eingebracht.

Money hat in der Vergangenheit wiederholt seine ablehnende Haltung gegenüber Trans-Personen zum Ausdruck gebracht und unterstützt unter anderem den Vorschlag des texanischen Gouverneurs Greg Abbott, Transgender-Personen vom Unterrichten an öffentlichen Schulen auszuschließen.

Die Situation in Deutschland: Grundsätzliche Rechte, aber praktische Hürden

In Deutschland zeigt sich im Vergleich zu Texas ein deutlich anderes Bild, wenn es um die Rechte von Transgender-Personen im Gesundheitswesen geht. Seit einem wegweisenden Urteil des Bundessozialgerichts von 1987 ist die Gesundheitsversorgung für Transgender-Personen grundsätzlich durch die gesetzliche Krankenversicherung abgedeckt.

Dennoch betont der Bundesverband Trans*, dass eine wirklich menschenrechtsbasierte Gesundheitsversorgung in Deutschland noch nicht vollständig umgesetzt ist. Transgender-Personen berichten nach wie vor von praktischen Hürden wie einem Mangel an kompetenten Gesundheitsdienstleistern, bürokratischen Hindernissen und Diskriminierungserfahrungen im Gesundheitswesen.

"Die Situation in Texas ist ein warnendes Beispiel, das uns zeigt, wie schnell Rechte wieder eingeschränkt werden können, die bereits als gesichert galten", erklärt Tessa Ganserer, eine der ersten trans Abgeordneten im Deutschen Bundestag, gegenüber unserer Redaktion. "Auch in Deutschland müssen wir wachsam bleiben, denn konservative und rechte Kräfte versuchen auch hier, die Rechte von LGBTQ+-Personen infrage zu stellen."

Neue medizinische Richtlinien in Deutschland

Im März 2024 veröffentlichte die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) den endgültigen Entwurf der Leitlinie "Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter: Diagnostik und Behandlung". Diese Leitlinien sollen die medizinische Versorgung von trans Kindern und Jugendlichen in Deutschland auf eine evidenzbasierte Grundlage stellen.

Im Gegensatz zu den texanischen Bestrebungen, die medizinische Versorgung vollständig zu verbieten, zielen die deutschen Leitlinien darauf ab, angemessene Versorgungspfade zu etablieren, die sowohl die Selbstbestimmung der Betroffenen als auch medizinische Sorgfalt berücksichtigen.

Was bedeutet die Entwicklung in Texas für Deutschland?

"Die Entwicklungen in Texas sind Teil eines internationalen Backlash gegen LGBTQ+-Rechte", erklärt Petra Weitzel von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti). "Wir beobachten, dass sich transfeindliche Narrative über Ländergrenzen hinweg verbreiten und auch in Deutschland Einfluss nehmen."

In Deutschland wurden in den letzten Jahren zwar Fortschritte erzielt, wie etwa die Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes, das den Geschlechtseintrag ohne medizinische Gutachten änderbar macht. Dennoch zeigt die zunehmende Verbreitung transfeindlicher Positionen auch in deutschen Medien und Politik, dass diese Rechte nicht als selbstverständlich angesehen werden können.

Das Bündnis gegen Transfeindlichkeit, ein Zusammenschluss verschiedener LGBTQ+-Organisationen in Deutschland, hat als Reaktion auf die Entwicklungen in den USA und aufkommende ähnliche Tendenzen in Europa eine verstärkte Aufklärungskampagne gestartet, um der Verbreitung von Fehlinformationen über trans Personen entgegenzuwirken.

Solidarität und internationaler Austausch

Die deutsche LGBTQ+-Community zeigt sich solidarisch mit den Betroffenen in Texas. Verschiedene Organisationen wie der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) haben Protesterklärungen veröffentlicht und unterstützen US-amerikanische LGBTQ+-Organisationen in ihrem Kampf gegen die diskriminierenden Gesetze.

"Was in Texas geschieht, ist ein drastischer Angriff auf die Menschenrechte", betont Dr. Julia Monro, Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität. "Die Verweigerung medizinischer Versorgung für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe verstößt gegen internationale Menschenrechtsstandards und könnte, wenn es nicht gestoppt wird, als gefährliches Vorbild für andere Regionen dienen."

Die Situation in Texas erinnert die deutsche LGBTQ+-Community daran, dass erkämpfte Rechte stets verteidigt werden müssen und dass internationale Solidarität ein wichtiger Baustein im Kampf für die Gleichberechtigung aller Menschen ist – unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung.

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