Am 21. April 2025 verstarb Papst Franziskus, und nun stellt sich die Frage, wer sein Nachfolger wird und welche Haltung dieser gegenüber LGBTQ+-Themen einnehmen wird. Wie queer.de berichtet, werden etwa zwei Dutzend Männer als potenzielle Nachfolger gehandelt, deren Einstellungen zur queeren Community stark variieren – von queerfeindlichen Hardlinern bis hin zu Befürwortern eines offeneren Umgangs mit LGBTQ+-Personen.
Die Favoriten und ihre LGBTQ+-Positionen
Unter den aussichtsreichsten Kandidaten wird häufig Kardinal Pietro Parolin genannt. Der 70-jährige Italiener gilt als Favorit und wird das Konklave aufgrund seiner Position als ranghöchster Kardinal leiten. Seine Haltung zu LGBTQ+-Themen ist ambivalent: Einerseits bezeichnete er 2013 die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Irland als "Niederlage für die Menschheit", andererseits traf er sich 2019 mit queeren Aktivist*innen und bekräftigte die Position der Kirche zur Verteidigung der Würde jedes Menschen. Ende 2023 ließ er deutschen Reformern allerdings unmissverständlich wissen, dass die Haltungen des Vatikans zu Homosexualität nicht verhandelbar seien.
Als progressiver gilt Kardinal Matteo Zuppi. Der 69-jährige Erzbischof von Bologna und Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz hat sich wiederholt für einen offeneren Umgang mit sexuellen Minderheiten ausgesprochen. In einem Vorwort zu einem Buch über Kirche und Homosexualität forderte er 2020 dazu auf, queere Menschen nicht auszuschließen. Er schrieb: "Weder Homo- noch Heterosexualität lassen sich von der Identität der Person trennen; wenn wir also eine Person annehmen, dann können wir ihre Orientierung nicht verwerfen". Beobachter beschreiben ihn als LGBTQ+-freundlich und als Befürworter der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare.
Der philippinische Kardinal Luis Antonio Tagle (67) wird oft als "asiatischer Papst Franziskus" bezeichnet, da er ähnliche progressive Ansichten vertritt. Der frühere Erzbischof von Manila hat die "harte Sprache" kritisiert, mit der die Kirche über LGBTQ+-Personen spricht, und betont, dass dies zu sozialer Ausgrenzung führt. Sollte Tagle gewählt werden, wäre er der erste asiatische Papst und könnte für einen empathischeren Umgang mit queeren Gläubigen stehen. Gleichzeitig vertritt er in anderen Fragen, wie Abtreibung und Empfängnisverhütung, konservative Positionen.
Konservative Kräfte im Kardinalskollegium
Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Kandidaten, die für einen deutlich konservativeren Kurs stehen. Der ungarische Kardinal Péter Erdö (72) gilt als traditioneller Kirchenmann, der sich gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen ausgesprochen hat. Dennoch geriet er vor etwa zehn Jahren in die Kritik konservativer Kreise, als er im Rahmen der Familien-Synode ein Dokument vorstellte, das Homosexuelle in der Kirche "willkommen" heißen sollte.
Besonders queerfeindliche Positionen vertritt der US-amerikanische Kardinal Raymond Burke. Der 76-Jährige bezeichnete die "homosexuelle Agenda" als "Pest" und machte "homosexuelle Netzwerke" für Missbrauchsfälle in der Kirche verantwortlich. Seine Wahl würde einen dramatischen Rückschritt für queere Katholik*innen bedeuten, wird aber als unwahrscheinlich eingeschätzt.
Ebenfalls besorgniserregend für LGBTQ+-Gläubige wäre die Wahl des deutschen Kardinals Gerhard Ludwig Müller. Der ehemalige Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre hat wiederholt extrem queerfeindliche Positionen vertreten. Er behauptete etwa, niemand werde "gottgewollt als Homosexueller geboren" und bezeichnete die Unterstützung von trans Personen als "großes Verbrechen an der Menschheit". Laut Beobachtern sind seine Chancen jedoch gering.
Der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo Besungu (65) vertritt ebenfalls konservative Positionen zu LGBTQ+-Themen. Er bezeichnete die Öffnung der Kirche für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare als "kulturelle Kolonialisierung des Westens" und kritisierte die angeblich "dekadente Moral" westlicher Gesellschaften.
Bedeutung für Deutschland und die deutschsprachige Kirche
In Deutschland gibt es starke Reformbewegungen innerhalb der katholischen Kirche, die sich für eine Öffnung in Richtung LGBTQ+-Rechte einsetzen. Der Synodale Weg hat in den vergangenen Jahren Reformen gefordert, die von Rom jedoch häufig blockiert wurden. Die Wahl eines progressiveren Papstes könnte diesen Reformbestrebungen neuen Auftrieb geben.
Die katholische Kirche in Deutschland gehört bereits zu den LGBTQ+-freundlichsten in Europa, was sich unter anderem in den Segnungsgottesdiensten für gleichgeschlechtliche Paare zeigt, die in vielen Gemeinden stattfinden. Gleichzeitig verlassen immer mehr Menschen die Kirche – Ende 2024 gehörten nur noch 45,2 Prozent der deutschen Bevölkerung einer der beiden großen christlichen Kirchen an, während es zehn Jahre zuvor noch 57,4 Prozent waren.
Ausblick: Welche Veränderungen sind möglich?
Die Wahl des nächsten Papstes wird entscheidend dafür sein, ob die katholische Kirche den von Franziskus begonnenen Weg einer vorsichtigen Öffnung fortsetzt oder ob es zu einem Rückschritt kommt. Unter Franziskus gab es zwar eine mildere Rhetorik gegenüber LGBTQ+-Personen und sogar die Erlaubnis zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, grundlegende Lehren zu Homosexualität wurden jedoch nicht verändert.
Die Mehrheit der 135 wahlberechtigten Kardinäle wurde von Franziskus ernannt, was die Chancen erhöht, dass sein Nachfolger einen ähnlichen Kurs verfolgen wird. Allerdings sind viele dieser Kardinäle aus entfernten Ländern und kennen sich untereinander weniger gut, was die Wahl unberechenbarer macht als bei früheren Konklaven.
Für die queere Community bleibt zu hoffen, dass der nächste Papst mindestens den von Franziskus eingeschlagenen Weg fortsetzt oder sogar darüber hinausgeht. Mit Kardinal Zuppi oder Tagle könnte es tatsächlich zu einer weiteren Öffnung kommen, während die Wahl eines konservativen Hardliners wie Burke oder Müller einen erheblichen Rückschritt bedeuten würde. Unterm Strich steht für LGBTQ+-Katholik*innen weltweit viel auf dem Spiel, wenn die Kardinäle in den kommenden Tagen zur Papstwahl zusammenkommen.