Transfeindlicher Angriff in Berlin-Neukölln: Zwei Transpersonen brutal attackiert

In Berlin-Neukölln wurden am späten Freitagabend zwei Transpersonen Opfer eines brutalen Angriffs. Die Polizei entdeckte eine 27-jährige trans Person mit stark blutender Kopfverletzung an der Ecke Sonnenallee und Reuterstraße, wie die Hauptstadtpolizei am Samstag mitteilte. Der ursprüngliche Vorfall wurde von queer.de berichtet.

Der Tathergang

Nach Angaben der Polizei bemerkten Einsatzkräfte gegen 22:30 Uhr die verletzte Person, die in Begleitung einer weiteren, gleichaltrigen trans Person war. Die zweite Person klagte über Kopfschmerzen. Eine zufällig anwesende Ärztin half bei der Erstversorgung, bevor Rettungskräfte die schwerer verletzte Person zur stationären Behandlung ins Krankenhaus brachten.

Laut Ermittlungen begann der Vorfall bereits am U-Bahnhof Hermannplatz, als die beiden trans Personen in einen Zug der Linie U8 einsteigen wollten. Dort wurde eine der Betroffenen von einem Mann, der in Begleitung zweier weiterer Männer war, bespuckt und mit Wasser übergossen. Die Transpersonen verfolgten den flüchtenden Täter bis zur Reuterstraße, wo er in einem Gebäude verschwand. Als die Begleiter des Täters erschienen, kam dieser aus dem Objekt heraus und griff gemeinsam mit einem seiner Begleiter die trans Personen mit Schlägen an, wodurch beide verletzt wurden.

Alarmierende Zunahme transfeindlicher Gewalt

Dieser Vorfall reiht sich in eine besorgniserregende Entwicklung ein. Die Hasskriminalität gegen LGBTQ+ Personen hat in Deutschland dramatisch zugenommen. Laut den aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamts wurden im Jahr 2023 insgesamt 1.785 Straftaten gegen LSBTIQ* Personen erfasst – ein Anstieg von etwa 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 1.188 registrierten Fällen, wie Schwulissimo berichtet.

Besonders alarmierend ist, dass transfeindliche Delikte oft besonders gewaltsam ausfallen. Untersuchungen zeigen, dass zwei Drittel der befragten trans* Personen in Berlin in den letzten fünf Jahren Gewalterfahrungen gemacht haben, wie aus dem Berliner Monitoring zu trans- und homophober Gewalt hervorgeht.

Berlin-Neukölln als Brennpunkt

Der Bezirk Neukölln fällt in der Statistik besonders auf. Zusammen mit Friedrichshain und Kreuzberg gehört er zu den Gebieten mit den höchsten Anteilen an Körperverletzungen und gefährlichen Körperverletzungen gegen LGBTQ+ Personen. Bereits Ende Mai dieses Jahres wurden in Berlin-Neukölln zwei Transfrauen angegriffen, wobei eine von ihnen schwer verletzt wurde, wie rbb24 berichtete.

"Der Alltag für viele trans Personen in Deutschland ist von Diskriminierung und der ständigen Angst vor Übergriffen geprägt", erklärt Petra Weitzel vom Bundesverband Trans*. "Viele berichten, dass ihnen vor die Füße gespuckt wird oder sie verbale Anfeindungen erleben – täglich", wie sie gegenüber T-Online erklärte.

Hohe Dunkelziffer vermutet

Besonders problematisch ist, dass viele Betroffene Straftaten nicht anzeigen. Experten gehen daher von einer hohen Dunkelziffer aus. Die Gründe dafür sind vielfältig: fehlendes Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden, Angst vor weiterer Diskriminierung im Verfahren oder die Befürchtung, nicht ernst genommen zu werden.

Der aktuelle Fall in Neukölln zeigt jedoch, dass die Berliner Polizei sensibilisiert ist. Der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin hat die Ermittlungen übernommen, wie es bei vermuteter Hasskriminalität üblich ist. Die Berliner Polizei und die Staatsanwaltschaft haben eigene Ansprechpartner*innen für queere Menschen eingerichtet, was die Anzeigebereitschaft erhöhen soll.

Forderungen nach mehr Schutz

Angesichts der steigenden Zahlen fordern LGBTQ+ Organisationen verstärkte Maßnahmen gegen Hasskriminalität. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) drängt auf eine Änderung des Grundgesetzes, um queere Menschen explizit vor Diskriminierung zu schützen, wie auf der LSVD-Website nachzulesen ist.

Die Bundesregierung hat erklärt, verstärkt gegen Hass vorgehen zu wollen und angekündigt, diejenigen zu schützen und zu unterstützen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Hass, Diskriminierung und Gewalt erleben. Ob die bisherigen Maßnahmen ausreichen, bleibt angesichts der steigenden Zahlen fraglich.

Der aktuelle Fall in Neukölln macht deutlich, dass weiterer Handlungsbedarf besteht, um den Schutz von trans Personen in Deutschland zu verbessern und transfeindlicher Gewalt entschieden entgegenzutreten.

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